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Lemke will Wolfsabschüsse erleichtern

Kaum ein Tier bewegt die Menschen in Deutschland und Niedersachsen wie der Wolf. Nun spricht sich die Umweltministerin für einfachere Abschüsse aus. Das geht den einen zu weit, den anderen nicht weit genug.
Wolf
Eine ausgewachsener weiblicher Wolf steht in seinem Gehege im Tierpark Eekholt. © Christian Charisius/dpa

Seit Jahren ist es ein Dauerthema in Deutschland und Niedersachsen: Der Umgang mit dem Wolf. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wollen den Abschuss der Tiere nun erleichtern und so etwa Schafe besser schützen. «Abschüsse von Wölfen nach Rissen müssen schneller und unbürokratischer möglich sein», sagte Lemke am Montag der «Welt».

Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) will sich laut einem Zeitungsbericht auf EU-Ebene für Erleichterungen bei der Jagd auf Wölfe nach Rissen von Weidetieren einsetzen. «Unser Ziel ist es, in Brüssel darauf hinzuweisen, dass die europäischen Regeln nicht so starr sein dürfen, dass sie die dringend notwendigen regionalen Lösungen blockieren», sagte er der «Welt» (Montag). In Regionen mit übermäßigen Wolfspopulationen und deutlichen Nutzungskonflikten müsse es möglich sein, zielgerichtet und schnell zu intervenieren.

Vor allem in Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen hat sich der in Deutschland zur Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottete Wolf seit seiner Rückkehr um die Jahrtausendwende wieder breit gemacht. Es kommt immer wieder vor, dass Wölfe auch Nutztiere wie Schafe, Ziegen und Kälber reißen.

«Wenn Dutzende Schafe gerissen werden und verendet auf der Weide liegen, dann ist das eine Tragödie für jeden Weidetierhalter und eine ganz große Belastung für die Betroffenen», sagte Lemke. Ende September wolle sie konkrete Vorschläge liefern. Das Bundesumweltministerium erläuterte, Abschüsse von Wölfen, die mehrfach zumutbare Herdenschutzmaßnahmen wie Zäune überwunden haben, seien schon jetzt möglich. Die Genehmigung und der Weg dorthin seien aber zu bürokratisch, sagte ein Sprecher am Montag in Berlin. Das solle jetzt geändert werden.

Die Umsetzung des Vorhabens ist jedoch kompliziert: In Deutschland sind die Bundesländer für das Wolfsmanagement verantwortlich. Bisher genießen Wölfe einen hohen Schutzstatus, sowohl nach Bundes- als auch nach EU-Recht. In einigen Regionen wird aber angezweifelt, ob der Schutzstatus aufgrund größerer Populationen noch gerechtfertigt ist.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich schon Ende Juli grundsätzlich offen für eine Absenkung des strengen Schutzstatus des Wolfes gezeigt. Am Montag nun kündigte sie an, bis zum 22. September systematisch Daten aus ganz Europa zu Wolfspopulationen zusammenzutragen. Eine Meldestelle sei eingerichtet. Die Auswertung der Daten soll spätestens Ende des Jahres abgeschlossen sein. Dann soll entschieden werden, ob ein Vorschlag zur Herabsetzung des Schutzstatus gemacht wird.

Die Kommissionspräsidentin hat selbst eine persönliche Verbindung zu dem Thema: Ein Wolf hat vor etwa einem Jahr ihr 30 Jahre altes Pony nahe Hannover getötet.

Laut Bundesumweltministerium werde die europäische Gesetzgebung aber von Lemkes Vorstoß gar nicht tangiert: «Der Wolf bleibt ein zu schützendes Tier.» Im Rahmen der nationalen Gesetzgebung gebe es aber Möglichkeiten für Änderungen. Im Blick stehe zum Beispiel ein «Praxisleitfaden», der Grundlage für die von den Ländern zu bewilligenden Abschüsse sei. Über Vorschläge dazu solle von diesem Dienstag an mit den Umweltministerien der Länder diskutiert werden.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht die angekündigte Abschuss-Erleichterung kritisch. «Die Erfahrungen aus anderen EU-Ländern zeigen klar, dass sich Risse mit dem Gewehr nicht nachhaltig reduzieren lassen», sagte BUND-Wolfsexperte Uwe Friedel. Für die Anzahl der gerissenen Weidetiere sei nicht die Anzahl von Wölfen ausschlaggebend, sondern die Anzahl ungeschützter Weidetierherden. «Die meisten Risse an Weidetieren geschehen in Deutschland an Tieren ohne Herdenschutz», sagte Friedel. Der BUND bedauere, dass der Herdenschutz vernachlässigt werde.

Auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) vertritt die Meinung, dass eine Bejagung der Wölfe nicht den Herdenschutz ersetzen könne. «Denn egal ob fünf oder acht Wölfe in einer Region leben: Sie stellen ein Risiko für ungeschützte Weidetiere da. Bejagung führt nicht dazu, dass Wölfe mehr Abstand zu Weidetieren halten», sagte die Referentin für Wölfe und Beweidung, Marie Neuwald. Sie warnte jedoch davor, Lemkes Vorstoß fehlzuinterpretieren. «Es geht hier ganz klar um die wenigen Fälle, in denen Wölfe guten Herdenschutz überwinden und Weidetiere reißen.» Dennoch sei essenziell, «dass der Abschuss eines streng geschützten Tieres das letzte Mittel ist, falls keine zumutbaren Alternativen bestehen. Herdenschutz bleibt das A und O».

Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, blickt skeptisch auf Lemkes Vorstoß. «Das dient nach unserer Einschätzung eher der Vernebelung. Ein rhetorisches Zugeständnis für erleichterte Entnahmen von einzelnen Problemtieren ist Kosmetik und reicht bei weitem nicht mehr aus», sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur. «Wir brauchen eine amtliche Feststellung, dass der günstige Erhaltungszustand erreicht ist, eine Umstufung des Schutzstatus und ein echtes Wolfsmanagement.»

Das Bundesamt für Naturschutz gibt unter Hinweis auf das Wolfsmonitoring 2021/2022 die Zahl der in Deutschland nachgewiesenen Wölfe mit etwa 1200 an. Die Tiere lebten demnach in 161 Rudeln. Dazu kamen 43 Wolfspaare sowie 21 sesshafte Einzelwölfe. Seit dem Jahr 2000 kam es laut Nabu zu 13 offiziell genehmigten Abschüssen von Wölfen. 2023 wurden laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) drei Wölfe im Rahmen des sogenannten Bestandsmanagements getötet.

Bei den von Wölfen 2022 getöteten und verletzten Nutztieren in Deutschland handelte es sich demnach zu 88,6 Prozent um Schafe und Ziegen, zu 4,2 Prozent um Gatterwild und zu 6 Prozent um Rinder. Die Anzahl der verletzten und getöteten Nutztiere lag im Jahr 2014 noch unter 500, 2022 laut DBBW bei über 4000.

© dpa ⁄ Marco Rauch und Maurice Arndt, dpa
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