Wenige Tage nach der Landtagswahl ist die Regierungsbildung in Niedersachsen ein gutes Stück vorangekommen. Landes-SPD-Chef Stephan Weil hat Koalitionsverhandlungen mit den Grünen angekündigt. Die Gespräche sollten am 26. Oktober beginnen, sagte der Ministerpräsident nach ersten Beratungen beider Parteien am Donnerstag in Hannover.
SPD und Grüne machten einmal mehr deutlich, dass sie angesichts der Energiekrise schnell zusammenfinden wollen. «Unser Ziel ist es, dass mit der Konstituierung des niedersächsischen Landtags am 8. November dann auch die neue Regierung gewählt werden kann», sagte Weil. «Wir wissen, wir befinden uns in krisenhaften Zeiten.» Die aktuelle Situation sei gekennzeichnet von der Verunsicherung durch die Folgen des Ukraine-Krieges. Als konkrete Herausforderungen nannte Weil die Energieversorgung, verbunden mit den deutlich gestiegenen Preisen, den Klimawandel und die Corona-Pandemie.
Grünen-Spitzenkandidatin Julia Willie Hamburg sagte, man wolle Sicherheit bieten, um Menschen durch diese Krise zu bringen. Die Parteien würden vertrauensvoll und ehrlich miteinander verhandeln.
Bis eine neue Regierung gebildet sein könnte, gibt es einen konkreten Zeitplan. Bereits von Freitag an wollen Fach-Arbeitsgruppen beider Parteien zusammenkommen, um die Koalitionsverhandlungen vorzubereiten. Dafür sind laut Weil elf Arbeitsgruppen vorgesehen.
Ab dem 26. Oktober sind dann die zentralen Koalitionsverhandlungen geplant, am 3. November wollen die Parteien die Ergebnisse vorlegen. Am 5. November ist ein außerordentlicher Landesparteitag der SPD geplant, bei dem über die mögliche Koalition abgestimmt werden soll. Einen Tag später ist dies bei den Grünen vorgesehen. Sollten beide Parteitage zustimmen, soll am 7. November der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden, einen Tag später dann der Landtag zusammenkommen.
Der Grünen-Landeschef Hans-Joachim Janßen hat für seine Partei bereits Anspruch auf drei bis vier Ministerien erhoben. Die CDU hat derzeit als Junior-Partner in der Regierung fünf Ministerposten - darunter wichtige Häuser wie das Finanz- oder Wirtschaftsministerium. Die CDU holte bei der Wahl 2017 allerdings deutlich mehr Stimmen als die Grünen bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag.
Die SPD hatte die Landtagswahl in Niedersachsen klar gewonnen. Nach Auszählung aller Wahlkreise und Veröffentlichung des vorläufigen Ergebnisses kamen die Sozialdemokraten auf 33,4 Prozent der Stimmen. Die CDU erreicht mit 28,1 Prozent den zweiten Platz. Danach folgen die Grünen mit 14,5 Prozent und die AfD mit 10,9 Prozent. Sowohl die FDP mit 4,7 Prozent als auch die Linke mit 2,7 Prozent verpassen den Einzug ins Landesparlament in Hannover.
Weil regierte bereits in seiner ersten Amtszeit zusammen mit den Grünen. Der plötzliche Wechsel der Abgeordneten Elke Twesten im Sommer 2017 von den Grünen zur CDU hatte damals eine Neuwahl notwendig gemacht, SPD und Grüne verloren daraufhin ihre knappe Mehrheit im Parlament. Aus dieser Neuwahl im Herbst 2017 ging das derzeit noch regierende Bündnis aus SPD und CDU hervor.
Im Wahlkampf der vergangenen Wochen hatte Weil immer wieder betont, dass eine Koalition mit den Grünen sein favorisierte Bündnis sei. Beispielsweise in der Finanzpolitik sind die Gemeinsamkeiten deutlich größer als zwischen SPD und CDU. Der Regierungschef hatte für den Fall seiner Wiederwahl ein fast eine Milliarde Euro schweres Entlastungspaket des Landes in der Energiekrise in Aussicht gestellt. Dafür ist ein Nachtragshaushalt notwendig, dieser könnte im November-Plenum auf den Weg gebracht werden.
CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann betonte bis zuletzt, dass dieses Geld nicht im Landeshaushalt zur Verfügung stehe. SPD und Grüne sind eher bereit, neue Schulden aufzunehmen - insbesondere Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) pocht dagegen auf die Einhaltung der Schuldenbremse.
Bei anderen Themen könnten Koalitionsgespräche zwischen SPD und Grüne aber schwieriger werden. Beispielsweise in der Energie- und Umweltpolitik. Die SPD will Erdgas in der Nordsee vor Borkum fördern - die Grünen lehnen das ab. Auch in der Innenpolitik könnte es Streitpunkte geben.