Niedersachsens Landesregierung hat gespalten auf den Kompromiss für härtere Asylregeln in Europa reagiert. Während die Staatskanzlei von Ministerpräsident Stephan Weil und das ebenfalls SPD-geführte Innenministerium die Einigung positiv bewerteten, kamen von den Grünen als Koalitionspartner deutlich kritischere Stimmen.
Eine Sprecherin von Ministerpräsident Weil sagte am Freitag, es sei grundsätzlich ein Erfolg, dass die EU sich beim Thema Asyl einigen könne. Es gebe allerdings noch keinen finalen Beschluss und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wolle sich weiter dafür einsetzen, Familien von den härteren Asylverfahren auszunehmen.
Auch Innenministerin Daniela Behrens (SPD) begrüße den «ersten Kompromiss» auf EU-Ebene, sagte ihr Sprecher. Der geplante Solidaritätsmechanismus etwa sei wichtig, um künftig auch Länder in die Aufnahme von Geflüchteten einzubeziehen, die sich bisher weigerten, ihren Teil dazu beizutragen. Es sei aber richtig, dass am Schutz von Kindern und Familien weiter gearbeitet werden solle.
Die stellvertretende Regierungschefin, Kultusministerin Julia Willie Hamburg, kritisierte die geplante Verschärfung hingegen. «Durch den EU-Asylkompromiss werden sich nicht weniger Menschen auf den Weg nach Europa machen», sagte die Grünen-Politikerin. «Abschottungspolitik kann nicht die Probleme unserer Zeit lösen. Abschottung und Abschreckung mindern nicht das Leid für die Betroffenen.»
Zwar müsse etwas passieren, weil die Situation an den EU-Außengrenzen für die Menschen, die auf Schutz hofften, unerträglich sei, sagte Hamburg. Jedoch werde der Diskurs darüber in Europa «zu Lasten von Asylsuchenden geführt», sagte Hamburg.
«Wir reden bei all diesen Entscheidungen über Menschen und ihr Schicksal», betonte die Ministerin. «Für uns muss jetzt entscheidend sein, diesen Beschluss zu begleiten und darüber hinaus in Deutschland konkrete Maßnahmen zur Integration und Teilhabe zu ergreifen.»
Die Grünen-Landesvorsitzende Greta Garlichs hatte bereits am Donnerstagabend auf Twitter über den Kompromiss geschrieben: «Heute wurde eine große zivilisatorische Errungenschaft faktisch begraben.»
CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner bezeichnete die EU-Pläne indes als richtig. «Es ist wichtig, die illegale Migration nach Europa zu begrenzen. Die jetzt im Kompromiss vereinbarten schärferen Asylregeln werden dazu beitragen», sagte der Oppositionsführer.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen sprach von einem «Ausverkauf von Menschenrechten» und warnte vor einem «Einstieg in den Ausstieg» aus der Genfer Flüchtlingskonvention. Das Kinderhilfswerk terre des hommes aus Osnabrück beklagte einen «monumentalen Dammbruch für den Schutz geflüchteter Kinder und Jugendlicher in der EU», wie die Migrationsexpertin der Organisation, Sophia Eckert, sagte.
Die EU strebt einen deutlich härteren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive an. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig unter haftähnlichen Bedingungen in kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden.
Die Bundesregierung hatte sich dafür eingesetzt, Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren auszunehmen. Um einen Durchbruch zu ermöglichen, akzeptierte sie allerdings letztlich, dass dies doch möglich sein könnte. Zudem sehen die Pläne mehr Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen vor. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden demnach künftig zu Ausgleichszahlungen gezwungen.