AfD-Äußerung sorgt für Empörung in letzter Landtagssitzung

In der vergangenen Woche kam es zu einer der größten Polizeiaktionen in der Geschichte der Bundesrepublik. Bei einer Landtagsdebatte über die «Reichsbürger»-Szene sorgte eine Äußerung eines AfD-Abgeordneten für deutliche Kritik.
Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen, spricht im Plenarsaal vom niedersächsischen Landtag während einer Sitzung. © Michael Matthey/dpa

In der letzten Sitzung des niedersächsischen Landtags in diesem Jahr hat die AfD für einen Angriff auf Innenminister Boris Pistorius (SPD) einen Ordnungsruf kassiert. Die Oppositionspartei erhielt in einer Debatte über die «Reichsbürger»-Szene den ersten Ordnungsruf im neuen Landtag. Landtagspräsidentin Hanna Naber (SPD) verwarnte am Mittwoch den parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Klaus Wichmann, nachdem dieser mit Blick auf Vorwürfe, es gebe Verbindungen der AfD zu den «Reichsbürgern», gesagt hatte: «Herr Pistorius, ich lege Ihnen dringend einen Arztbesuch ans Herz. Das ist krankhaft, was Sie da machen.»

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach von einer «bodenlosen Entgleisung» und dankte der Landtagspräsidentin für den Ordnungsruf. «Die Mitglieder der Landesregierung sind kein Freiwild», betonte der Regierungschef. Pistorius selbst ging in seiner Rede nicht auf die AfD-Äußerung ein. Bezogen auf die «Reichsbürger» sagte der Innenminister, es dürfe zu keiner Verharmlosung kommen.

Ein Ordnungsruf wird verhängt, wenn ein Mitglied des Landtags die Ordnung des Parlaments verletzt. Geschieht dies während einer Sitzung dreimal, kann das Mitglied von der Sitzung ausgeschlossen werden. Der neue Landtag kam Anfang November zum ersten Mal zusammen.

Die Bundesanwaltschaft hatte bei einer Razzia im «Reichsbürger»-Milieu vergangene Woche 25 Menschen festnehmen lassen, darunter eine Ex-Bundestagsabgeordnete der AfD. 22 der Festgenommenen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System in Deutschland stürzen wollte. Die drei weiteren gelten als Unterstützer.

Die rot-grüne Regierung steht unterdessen im neuen Jahr vor einem Spagat. Einerseits hat sie mit dem schnellen Beschluss eines Energiehilfe-Programms sofort Handlungsfähigkeit bewiesen - wobei sich erst noch zeigen muss, ob das bisher zugeteilte Geld für die Krisenbewältigung reichen wird. Andererseits müssen eigene politische Vorhaben dadurch warten.

Erst soll die Krise überwunden werden, dann soll ein Kassensturz zeigen, wie viel Geld noch übrig ist für die anderen Projekte, heißt es. So steht noch nicht fest, wann die im Wahlkampf prominent versprochene Anhebung der Gehälter von Grund-, Haupt- und Realschullehrern tatsächlich kommt. Das Gleiche gilt für die Einführung kostenloser Tablets für die Schülerinnen und Schüler. Oder für die geplante Abschaffung der Langzeitstudiengebühren. Und das sind nur einige Ziele aus dem Bildungsbereich. Auch bei der angekündigten Taskforce für eine schnellere Umsetzung der Energiewende ist noch nicht klar, wann diese ihre Arbeit aufnehmen wird oder wer darin sitzen wird.

Bei den ganz dicken Brettern fehlt es dagegen nicht an Geld, sondern an politischer Unterstützung. Denn Rot-Grün will auch mehrere Verfassungsänderungen angehen: die Absenkung des Wahlalters bei der Landtagswahl von 18 auf 16 Jahre etwa, die Einführung eines Paritätsgesetzes für eine Frauenquote von 50 Prozent im Landtag, die Stärkung der Beteiligungsrechte für Kinder, die Streichung des Begriffs «Rasse» aus der Verfassung und die Aufnahme des Schutzes vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität.

Für jede dieser Verfassungsänderungen müssten SPD und Grüne die CDU oder, theoretisch, die AfD auf ihre Seite ziehen, weil ihnen alleine die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit fehlt. Doch bisher stellt sich die CDU stur. Gerade erst in der Oppositionsrolle angekommen will sie nicht gleich als Steigbügelhalter der neuen Regierung wirken - jedenfalls bis jetzt. Doch Rot-Grün hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Und wartet. Ende Januar ist die nächste Landtagssitzung geplant.

© dpa
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