CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner hat in seiner ersten Rede als Oppositionsführer im niedersächsischen Landtag die neue rot-grüne Landesregierung und den Ministerpräsidenten deutlich kritisiert. Mit Blick auf die Regierungserklärung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte Lechner am Mittwoch im Parlament: «Das war gestern keine Regierungserklärung. Das war ein Antrag auf Altersteilzeit.» Er warf Weil fehlenden Gestaltungswillen vor.
Der 63-Jährige Weil war am Dienstag zum dritten Mal als Ministerpräsident gewählt worden, die bisherige Landesregierung aus SPD und CDU wurde offiziell von der neuen Koalition aus SPD und Grünen abgelöst.
CDU-Fraktionschef Lechner kritisierte Bund und Länder wegen offener Fragen bei geplanten Entlastungen in der Energiekrise. So sei etwa unklar, ob die Gaspreisbremse ab Januar oder Februar greife. «Nutzen Sie ihre Rolle als Vorsitzender der MPK», forderte Lechner. Weil ist derzeit Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) - in dieser Runde kommen die Regierungschefs der Länder regelmäßig mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen und beraten beispielsweise über Entlastungen.
SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne erwiderte, er stimme der Problemanalyse der CDU oftmals zu. Er frage sich allerdings, warum die CDU-Minister der vergangenen Wahlperiode diese Probleme nicht längst aus dem Weg geräumt hätten. Er lade ein zu einer «gemeinsamen Lesestunde» des Koalitionsvertrags, da sich viele angesprochene Themen dort finden ließen.
Grünen-Fraktionschefin Anne Kura rückte die angekündigte Verschärfung der Klimaziele in den Mittelpunkt ihrer Rede. Die Emissionen sollten laut Koalitonsvertrag bis 2030 um 75 Prozent gesenkt werden, bis 2040 soll Niedersachsen klimaneutral sein. Die erneuerbaren Energien sollen deutlich ausgebaut werden.
Beim Thema Flüchtlinge berichtete Tonne aus Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern aus der Ukraine, die dankbar über die Aufnahme in deutschen Schulen seien. Immer wieder sei dabei ein Satz gefallen, «der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, und der lautete: Aber Papa ist im Krieg», sagte der SPD-Politiker. «Ich finde, dass dieser Satz so unfassbar viel von unseren Problemen relativiert.» Vor so einem Hintergrund dürften Begriffe wie «Sozialtourismus» nicht gedankenlos verwendet werden - CDU-Bundeschef Friedrich Merz hatte mit Blick auf die Ukraine-Flüchtlinge von Sozialtourismus gesprochen, später diese Wortwahl dann bedauert.
CDU-Fraktionschef Lechner distanzierte sich deutlich von der zweiten Oppositionsfraktion, der AfD. Er betonte, dass die CDU niemals mit der AfD zusammenarbeiten werde. AfD-Fraktionsvorsitzender Stefan Marzischewski-Drewes zeigte sich offen für Gespräche mit den anderen drei Fraktionen. «Meine Tür steht für jeden offen.»
Die nächste Sitzung des Landtags ist am 30. November. Dann will die neue Landesregierung ihr angekündigtes Entlastungspaket in der Energiekrise einbringen. Ministerpräsident Weil hatte bereits angekündigt, dass dafür ein Nachtragshaushalt von rund einer Milliarde Euro auf den Weg gebracht werden soll.
Profitieren sollen von dem Rettungsschirm vor allem Bürgerinnen und Bürger, die von den gestiegenen Energiepreisen besonders hart betroffen sind, sowie kleinere und mittlere Unternehmen, die sofort Unterstützung benötigen. Außerdem will das Land sozialen und kulturellen Einrichtungen sowie Sportvereinen und Kommunen helfen.