Die Stellensuche von Geflüchteten aus der Ukraine und die Sommerpause für Lehrlinge und Schulabgänger haben die Arbeitslosigkeit im Nordwesten zumindest vorläufig weiter erhöht. Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Hannover gab am Freitag die jüngsten Zahlen bekannt, die bis Mitte Juli reichen.
Demnach waren in Niedersachsen zuletzt rund 236.100 Menschen ohne Job gemeldet - 5,7 Prozent mehr als noch im Juni. Die Quote stieg um 0,3 Punkte auf 5,4 Prozent. Auch im kleinsten Bundesland Bremen zeigte sich dieser Trend, hier wuchs die Zahl um 4,3 Prozent auf knapp 37.700 und die Quote entsprechend um 0,4 Punkte auf 10,3 Prozent.
Nach Einschätzung von BA-Regionalleiter Johannes Pfeiffer ist der Arbeitsmarkt insgesamt in robuster Verfassung. Es gibt auf Basis der letzten verfügbaren Daten etwas mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, und im Juli 2021 hatte die Zahl der Arbeitslosen höher gelegen. Gleichzeitig wird das Überangebot an Lehrstellen zunehmend zum Problem: Viele Betriebe bekommen keinen geeigneten Nachwuchs.
Bereits im Vormonat hatten in beiden Ländern mehr Menschen einen Arbeitsplatz gesucht. Die Registrierung ukrainischer Flüchtlinge - diese können sich seit Anfang Juni an die Jobcenter wenden - bleibt ein Sondereffekt. Sonst wären die Zahlen auch schon von Mai auf Juni gesunken. Derzeit würden in den niedersächsischen Kommunen fast 36.000 erwerbsfähige Geflüchtete aus dem Kriegsland betreut, so die BA. In Bremen seien es etwa 3400. Pfeiffer gab sich «zuversichtlich, sie bei der Integration in den Arbeitsmarkt gut unterstützen zu können».
Hinzu kommt jetzt, dass sich viele junge Leute nach dem Ende ihres Ausbildungs- oder Schuljahres zunächst ebenfalls arbeitslos melden. Das ist eine normale Entwicklung, die sich im August und September wohl noch stärker niederschlagen wird. Angesichts des hohen Bedarfs an Fachkräften sieht Pfeiffer nach den Ferien «beste Voraussetzungen» sowohl für Ausbildungs- oder Studienanfänger als auch für diejenigen, die nach absolvierter Ausbildung eine feste Stelle finden wollen.
Die Kehrseite ist jedoch, dass Arbeitgeber und passende Lehrlinge oft nicht zusammenkommen. Während es der BA zufolge in Niedersachsen für den Start des neuen Ausbildungsjahres im Herbst bisher mehr als 52.000 offene Stellen gibt, ließen sich nur rund 42.000 Bewerberinnen und Bewerber in die Datenbanken zur Vermittlung aufnehmen.
«Die Lage spitzt sich für Betriebe immer mehr zu», erklärte Pfeiffer. «Aber für Jugendliche sind die Chancen in vielen Ausbildungsberufen besser denn je - wenn sie sich denn für eine Ausbildung entscheiden.»
Ein grundsätzliches Risiko für die gesamte Beschäftigung sei außerdem die verschärfte Energiekrise. Viele Unternehmen rechnen mit weiter gedrosselten Gaslieferungen aus Russland, wodurch der finanzielle Druck abermals steigen könnte. Die Folgen könnten «zum jetzigen Zeitpunkt kaum genau eingegrenzt werden», warnte der BA-Regionalchef.