Straffere Einstellungsverfahren gegen Lehrermangel in MV

Fast zwei Drittel der Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern werden in den kommenden acht Jahren den Schuldienst aus Altersgründen verlassen. Diese Stellen neu zu besetzen, wird zur Herkulesaufgabe. Darüber ist sich auch Bildungsministerin Oldenburg im Klaren.
Ein Schüler sitzt in einem Klassenzimmer. © Marijan Murat/dpa/Symbolbild

Mit deutlich kürzeren Bewerbungs- und Einstellungsverfahren will Mecklenburg-Vorpommern dem Lehrermangel an den Schulen des Landes entgegenwirken. Zwischen Bewerbung und Arbeitsvertrag sollen künftig maximal sechs Wochen liegen, wie Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) am Donnerstag in Schwerin ankündigte. Bislang dauerten die Verfahren in der Regel doppelt so lange, mitunter bis zu sechs Monate. Dadurch würden sich junge Lehrer oft für Anstellungen in Bundesländern entscheiden, die schneller reagieren.

«Lehrkräfte und unterstützende pädagogische Fachkräfte sind Goldstaub. Deshalb müssen wir im bundesweiten Wettbewerb die Nase vorn haben», betonte Oldenburg. Das neue Einstellungsverfahren sei im Rahmen des «Bildungspaktes für gute Schule 2030» mit den Lehrer-Gewerkschaften und -Verbänden im Land abgestimmt und trete zum 1. Februar in Kraft.

Dazu gehörten auch vereinfachte Vermittlungen von zunächst nicht berücksichtigten Bewerbern zu anderen Schulen und klare Vorgaben für die Einstellung von Lehrern mit ausländischer Qualifikation. Eine Herabsetzung der im Ländervergleich hohen Zahl von wöchentlichen Pflichtstunden für Lehrer, wie es zuletzt auch die oppositionelle CDU forderte, sei derzeit hingegen nicht möglich, betonte Oldenburg. Jede Stunde weniger erhöhe den Personalbedarf um 480 Stellen.

Nach Angaben der Ministerin scheiden bis 2030 etwa 7000 der aktuell gut 12.000 Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schuldienst des Landes aus. Diese zu ersetzen sei aufgrund der demografischen Entwicklung und des bundesweiten Lehrermangels bereits eine große Herausforderung, da kein Bundesland über Bedarf ausbilde. Zudem würden Lehramtsstudenten ihre Ausbildung oft abbrechen, im Bereich Regionalschule bis zu 80 Prozent, sagte Oldenburg.

Wie die Ministerin forderten auch Vertreter der Lehrerverbände eine grundlegende Reform der pädagogischen Ausbildung und einen stärkeren Praxisbezug. Weshalb ein Mathematik-Lehrer die gleichen Prüfungsanforderungen erfüllen müsse wie ein Mathematiker, sei nicht nachvollziehbar und schrecke viele Interessenten ab, sagte die Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Annett Lindner. Wie Michael Blanck vom Verband Bildung und Erziehung sagte, fehlt aber gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern der Lehrernachwuchs.

Nach Angaben des zuständigen Wissenschaftsministeriums nahmen im Jahr 2021 im Nordosten etwa 1000 Lehramtsstudenten ihr Studium auf, etwa halb so viele schlossen die Ausbildung ab. Längst nicht alle traten danach auch in den Schuldienst Mecklenburg-Vorpommerns. Deshalb greife das Land zunehmend auf sogenannte Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung zurück, sagte Oldenburg. Bei den 690 Neueinstellungen im Vorjahr habe der Anteil bei etwa 30 Prozent gelegen. Für Seiteneinsteiger sei dann eine berufsbegleitende Qualifizierung obligatorisch.

Mecklenburg-Vorpommern setze bei der Besetzung offener Stellen auch auf Rückkehrer in ihr Heimatland. Aktive Werbung um Lehrer aus anderen Bundesländern sei einem Beschluss der Kultusministerkonferenz zufolge aber nicht zulässig, erklärte Oldenburg. Sie kritisierte deshalb die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) scharf, mit finanziellen Anreizen und Umzugshilfen junge Pädagogen in den Freistaat zu locken. «Wenn Bayern das umsetzt, brechen alle aus und wir haben das Chaos in Deutschland», prophezeite Oldenburg.

Einer erst am Mittwoch veröffentlichten repräsentativen Forsa-Befragung zufolge, die im Auftrag der Robert Bosch Stiftung unter Schulleitern durchgeführt wurde, ist der Mangel an pädagogischem Personal das aktuell größte Problem an Deutschlands Schulen. «Wir setzen alles daran, Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte schneller zu gewinnen und an unseren Schulen zu halten», versicherte Oldenburg.

Kritik am Vorgehen der Landesregierung kam indes von den Grünen. «Der angekündigte "Bildungspakt für Gute Schule 2030" ließ hier endlich auf wirksame Lösungen hoffen. Doch die heute vorgestellten Zwischenergebnisse sind vielmehr hübsche Hülle statt fundierter Inhalt. Erneut macht Bildungsministerin Oldenburg viel Lärm um nichts», konstatierte die Landtagsabgeordnete Jutta Wegner. So werde lediglich an den Einstellungsverfahren geschraubt. Doch ändere sich damit nichts daran, dass es einfach zu wenige Lehrerinnen und Lehrer auf dem Arbeitsmarkt gebe.

© dpa
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