Prozess nach Tod von Hertha-Fan: «Ohne Ziel geschlagen»

Tausende Fußballfans füllen nach dem Bundesliga-Relegationsspiel die Straßen rund um das Stadion. Ein Auto muss stoppen. Der Beifahrer steigt aus. Im Streit kommt ein Berliner Fan ums Leben. Nun begann der Prozess.
Schilder an der Fassade weisen das Landgericht Berlin aus. © Sonja Wurtscheid/dpa

Das Spiel war abgepfiffen und die Fans auf dem Heimweg, als nahe dem Berliner Olympiastadion ein 55 Jahre alter Mann tödlich verletzt wurde. Neun Monate später hat der Angeklagte aus Rostock vor dem Landgericht der Hauptstadt einen Schlag gestanden und Bedauern geäußert. «Es tut mir unendlich leid», erklärte der inzwischen 25-Jährige zu Prozessbeginn am Freitag. Er fühle sich verantwortlich. Allerdings sei er zuvor «provoziert und geschlagen» worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen Körperverletzung mit Todesfolge vor. 

Der gelernte Hafenlogistiker soll am 19. Mai 2022 nach dem Fußball-Bundesliga-Relegationsspiel zwischen Hertha BSC und dem Hamburger SV im Olympiastadion dem Hertha-Fan mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dadurch sei dieser ungebremst zu Boden gefallen und mit dem Hinterkopf auf dem Asphalt aufgeschlagen. Der 55-Jährige erlitt laut Anklage ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und starb etwa einen Monat später in einem Krankenhaus. Die Ehefrau des Opfers saß als Nebenklägerin nun mit im Gerichtssaal.

Es war gegen 23.00 Uhr, als der Angeklagte als Beifahrer aus einem Auto mit Rostocker Kennzeichen ausstieg. Im Prozess erklärte er, der 55-Jährige sei als Fußgänger unterwegs gewesen und habe auf die Motorhaube geschlagen. «Ich war aufgebracht und wollte ihm eine Ansage machen.» Er selbst sei erheblich alkoholisiert gewesen. Sie hätten sich dann angeschrien.

«Ich hatte nicht vor, ihn zu schlagen», hieß es weiter in der Erklärung des Angeklagten, die sein Verteidiger verlas. Der Hertha-Fan habe ihm «auf die Ohren» geschlagen. «Da habe ich selbst ausgeholt und einfach nach vorn ohne Ziel geschlagen.» Er habe «unglücklich» getroffen und sei «verblüfft» gewesen, als der «große Mann einfach nach hinten umfiel». Er habe sich nicht vorstellen können, dass der Mann derart schwere Verletzungen erlitt. Weil ihn nach dem Geschehen mehrere Leute attackiert hätten, sei er weggelaufen. Später habe er versucht, «alles zu verdrängen».

Als ein Augenzeuge sagte ein 45-Jähriger im Prozess, der Mann aus dem Fahrzeug mit Rostocker Kennzeichen habe nach seiner Beobachtung Streit gesucht. «Von dem Opfer ging keine Gefahr aus», schilderte der Zeuge. Der Mann aus dem Auto habe den Hertha-Fan, der zuvor vor dem Fahrzeug gestanden habe, verfolgt. Der Hertha-Fan habe zunächst nicht reagiert. Der Angeklagte sei dem Opfer dann so nahe gekommen, dass sie «Nase an Nase» gestanden hätten. In dieser Situation habe der Hertha-Fan dem Mann ins Gesicht gefasst, um ihn wegzuschieben. «Dann ist schon der Schlag passiert.» 

Der Angeklagte war zunächst unerkannt entkommen. Die Polizei hatte seinerzeit mit einem Phantombild nach einem Verdächtigen gesucht, der eine Jacke mit Vereinslogo des FC Hansa Rostock getragen haben soll. Am 3. August 2022 war der Rostocker schließlich festgenommen worden. Ende September wurde er von weiterer Untersuchungshaft verschont und ist seitdem frei. Für den Prozess hat das Landgericht sieben weitere Tage bis zum 21. März vorgesehen.

© dpa
Das könnte Dich auch interessieren
Empfehlungen der Redaktion
Kultur
Kauzig, markant, präsent - Peter Simonischek ist tot
Fußball news
Duell der Systeme: Sportchefs Krösche und Eberl im Aufwind
Tv & kino
«Aktenzeichen XY»-Spezial zu verbreiteten Betrugsmaschen
Reise
Tui baut Urlaubsangebot für die Türkei deutlich aus
Games news
PS4 Controller kalibrieren: Geht das? 
Auto news
Fehlkauf vermeiden: Pedelecs lieber nicht spontan kaufen
Das beste netz deutschlands
Zusatznetze für den Festivalsommer 2023: Vodafone rüstet 75 Events mit zusätzlicher Mobilfunk-Technik auf
Das beste netz deutschlands
E-Mail-Postfächer haben nicht ausgedient