In Folge der Energiekrise sorgt sich die Handwerksbranche um ihr Geschäft. «Auf den weiteren Konjunkturverlauf schauen die Handwerker im Lande mit wachsender Sorge», sagte Axel Hochschild, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Ostmecklenburg-Vorpommern, am Dienstag in Schwerin.
Der aktuelle Geschäftsklimaindex der Branche sei im Vorjahresvergleich um 28 Punkte auf rund 91 abgesackt. Das Ergebnis der Konjunkturumfrage unter über 1000 Unternehmen sei damit sogar schlechter ausgefallen als zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009. «Wir erleben gerade die Ruhe vor dem Sturm», hieß es in einer Analyse der Kammern.
Grund für die Sorgen sind den Handwerkskammern zufolge hohe Energiepreise und Materialkosten sowie steigende Lohnausgaben durch die Mindestlohnanhebung. Auch wird befürchtet, dass die Nachfrage einbrechen könnte, da auch die Bevölkerung versucht, ihr Geld im Zuge der hohen Inflation zusammenzuhalten.
Laut Hochschild hat die befürchtete Entwicklung in der Baubranche bereits eingesetzt. Laut dem Statistischen Bundesamt ist die Auftragslage im Bauhauptgewerbe im August um rund 16 Prozent zum Vorjahresmonat eingebrochen. Dies könnte dem Handwerksvertreter nach auch hierzulande Folgen für die nachgelagerten Ausbaugewerke haben. Ähnlich sieht das auch der Präsident der HWK Schwerin, Uwe Lange: Bauvorhaben seien reihenweise aufgegeben worden, einerseits wegen der gestiegenen Preise, andererseits, weil Banken das gestiegene finanzielle Risiko nicht tragen wollen und ihre Finanzierung zurückziehen.
Dabei hatte sich die Baubranche in Mecklenburg-Vorpommern im ersten Halbjahr erst wieder gefangen. Der Umsatz der Bau-Branche habe mit rund 845 Millionen Euro wieder deutlich über dem Vorjahreswert von rund 701 Millionen Euro gelegen, zeigen Daten des Landesstatistikamts von Dienstag. Auch beim Volumen der Auftragseingänge war mit 776 Millionen Euro eine deutliche Erholung von den 701 Millionen Euro im Vorjahreshalbjahr zu beobachten.
Der Umfrage der Handwerkskammern zufolge bereitet die Zukunft den Unternehmen mehr Kopfzerbrechen als die aktuelle Geschäftslage. Hochschild zufolge kam die Branche bisher gut durch die Pandemie, und auch die aktuelle Betriebsauslastung lässt noch nicht auf eine Krise schließen: 46 Prozent der von den Kammern befragten Betriebe sind demnach fast vollständig und weitere 29 Prozent zu mehr als zwei Dritteln ausgelastet. Fast die Hälfte rechne jedoch mit sinkenden Auftragszahlen, 57 Prozent mit geringeren Investitionen.
Die Handwerksvertreter fordern vor allem mehr Hilfen vom Bund. Statt des angekündigten Gaspreisdeckels solle eine umfassende Energiepreisbremse gelten, am besten sofort. Darüber hinaus weisen Hochschild und Lange darauf hin, dass Hilfen sich nicht allein an große Industriebetriebe richten dürften: «Klein- und Kleinstbetriebe sollen nicht durchs Raster fallen», hieß es.
Die Stimmung im Handwerk im Nordosten steht im Einklang mit der der Gesamtwirtschaft in Deutschland. Der viel beachtete Ifo-Geschäftsklimaindex lag mit 84,3 Punkten zuletzt auf dem niedrigsten Stand seit Mai 2020. «Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bleibt düster», kommentierte der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest.