Am bundesweiten Protesttag für eine bessere Finanzausstattung der Krankenhäuser haben am Dienstag auch Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern auf ihre Notlage aufmerksam gemacht. Die angekündigten Reformen seien noch weit weg und lösten die aktuellen Probleme nicht, sagte der Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft, Uwe Borchmann. «Die Insolvenzgefahr ist groß.»
In den Kliniken würden Patienten und Besucher mit Flyern über die aktuelle Situation und die an den Bund gerichteten Forderungen informiert. Das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum in Neubrandenburg habe zudem ein visuelles Signal gesetzt und das Hauptgebäude in der Nacht rot angestrahlt. Eine ähnliche Aktion gab es den Angaben zufolge auch in Demmin. Der bundesweite Aktionstag stand unter dem Motto «Alarmstufe Rot».
Laut Borchmann sorgen immens gestiegene Kosten für Energie, Material und Personal und in Folge der Corona-Pandemie gesunkene Einnahmen in vielen Kliniken für rote Zahlen. Die Ausgaben seien um etwa zehn Prozent gewachsen, die Einnahmen parallel um zehn Prozent zurückgegangen. «Die Anhebung der Basisfallwerte um drei Prozent bildet die Tarifsteigerungen und die Folgen der Inflation bei weitem nicht ab», begründete Borchmann die Forderung nach zusätzlichen Hilfen, die auch für die 37 Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern dringend erforderlich seien. Basisfallwerte geben die Vergütung standardisierter medizinischer Leistungen wieder und sind ein wesentlicher Bestandteil der Krankenhausfinanzierung.
Nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist bundesweit etwa ein Viertel aller Kliniken von Insolvenz bedroht. Die Zeit dränge, da den Krankenhäusern bis Jahresende insgesamt etwa zehn Milliarden Euro fehlten, hieß es. «Wir brauchen den Druck aus der Bevölkerung - sonst träumt der Bundesgesundheitsminister weiter von seiner Reform, während die Kliniken schon längst Insolvenz anmelden», sagte Borchmann.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) strebt über den Sommer konkretere Vorschläge für die geplante Neuaufstellung der Kliniken in Deutschland an. Im Kern soll das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden, um Kliniken von ökonomischem Druck zu befreien. Um nicht auf immer mehr Fälle angewiesen zu sein, sollen sie einen größeren Vergütungsanteil allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen.
Der Linke-Landtags-Abgeordnete Torsten Koplin unterstützte die Forderungen der Kliniken: «Die Bundesregierung muss jetzt handeln und ein Vorschaltgesetz erlassen, um ein Krankenhaussterben zu verhindern», betonte er. Ansonsten drohe nach «zweieinhalb Jahren Stresstest durch die Corona-Pandemie eine massenhafte unkontrollierte Abmeldung von Stationen oder ganzen Kliniken». Der Bund müsse nicht nur finanzielle Hilfen gewähren, sondern auch die Gewinnausschüttung privater Krankenhauskonzerne unterbinden oder zumindest begrenzen.
Kritik am Agieren des Bundes kam auch von der CDU-Abgeordneten Katy Hoffmeister: «Vieles deutet darauf hin, dass Minister Lauterbach die Krankenhäuser im Moment finanziell kurzhält und so dem Schließungsplan des Bundesgesundheitsministeriums eine kalte Marktbereinigung durch Insolvenzen vorschaltet», erklärte sie. Angekündigte Liquiditätshilfen seien bis heute ausgeblieben. Um Engpässe auszugleichen, müssten Krankenhäuser Kredite aufnehmen. «Die Leidtragenden dieser Politik sind am Ende allerdings die Patienten», sagte Hoffmeister. Der Landesregierung in Schwerin warf sie vor, bislang keine Antworten auf die drohende Insolvenzwelle oder die geplante Krankenhausreform gefunden zu haben. Zudem verschärfe ein erheblicher Personalmangel die Situation noch.
Gesundheitsministerin Stefanie Drese forderte vom Bund die rasche Umsetzung des Hilfsprogramms zum Ausgleich gestiegener Energiekosten für Krankenhäuser. Dafür sind insgesamt sechs Milliarden Euro vorgesehen. «Das parlamentarische Verfahren muss nun schnell erfolgen, um die unverschuldete Schieflage in einigen Kliniken zu stabilisieren», so die SPD-Politikerin.