Tafeln stehen nach diesem Krisenjahr unter enormem Druck

Viele Menschen waren in diesem Jahr in Folge der hohen Inflation auf das Angebot der Tafeln angewiesen. Doch dem System - das sich allein auf Ehrenamtliche und Spenden stützt - geht es selbst nicht gut.
Bei der Tafel in Rostock werden die ankommenden Lebensmittel kontrolliert, sortiert und neu in Kisten verladen, um sie auszuliefern. © Bernd Wüstneck/dpa

Wegen der Folgen der Energiekrise gehen immer mehr Menschen zu den Tafeln im Nordosten. Das System steht jedoch bereits unter enormem Druck. «Wir merken es ja, dass mittlerweile nicht nur Menschen zu uns in die Tafeln kommen, die unmittelbar von Armut bedroht sind, sondern auch Berufstätige», sagte Kerstin Dauer, Vorsitzende der Tafeln in Mecklenburg-Vorpommern. Dies seien vor allem Familien mit Kindern, bei denen das Gehalt wegen der gestiegenen Preise nicht mehr ausreiche.

Die Tafeln schätzen, dass die Zahl der Bedürftigen im Vergleich zum Vorjahr 2022 um bis zu 40 Prozent gestiegen ist. Man könne aktuell von 38.500 bis 39.000 Personen in Mecklenburg-Vorpommern ausgehen, die das Angebot in Anspruch nehmen müssen.

Doch dem höheren Bedarf steht kein höheres Angebot gegenüber: Weder an Lebensmitteln noch an dringend benötigten Helfern. Die Lebensmittel sind laut Dauer knapper geworden, da die Supermärkte weniger abgeben. Dies kann ihren Worten nach verschiedene Gründe haben: bessere Einkaufsplanung, mehr Bedarf oder eigene Konzepte zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung.

Ein Engpass bleibt auch weiter die Zahl der Helferinnen und Helfer. Dauer zufolge sind viele Ehrenamtliche, die noch vor der Pandemie mit angepackt hatten, nicht zurückgekommen. Es sei zwar eine harte, aber auch schöne und dankbare Arbeit: «Nichtsdestotrotz sind die Menschen es Leid, alles nur im Ehrenamt zu machen», so Dauer. Es fehle an Anerkennung - auch finanzieller. Die Tafelchefin könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass Helfer zumindest unentgeltlich den Nahverkehr nutzen. Dies würde vor allem im ländlichen Raum helfen, da die Menschen sonst für ihre ehrenamtliche Arbeit auch noch draufzahlen müssten.

Wirklich gesehen fühlen sich die Tafeln in ihrer Not von der Politik nicht. Die Landesregierung müsse die Notlagen anerkennen und auch ernst nehmen. Bereits jetzt drohe einigen Ausgabestellen laut Dauer auch aus wirtschaftlichen Gründen das Aus. Die Energiekrise treffe auch die Tafeln finanziell mit voller Wucht. Der Landeschefin zufolge wäre deshalb viel geholfen, wenn Kommunen eigene Räume einmal in der Woche für Ausgaben bereitstellen würden.

Immerhin: Im Nachtragshaushalt für das Jahr 2023 sind für die 130 Ausgabestellen der Tafeln im Land je 2500 Euro eingeplant. «Die Tafeln haben sehr viel getan in der Krise für die, die es am schwersten haben», kommentierte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Dem Finanzministerium zufolge soll das Geld möglichst zeitnah ausgezahlt werden. Für Dauer ist das Geld eine «riesengroße Hilfe», dennoch sei es gemessen an den Herausforderungen der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein.

© dpa
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