Die Debatte um die Unterbringung von Geflüchteten in Mecklenburg-Vorpommern geht weiter. In Greifswald kam es am Donnerstag erneut zu Protesten. In Parchim diskutierte der Kreistag über die Anmietung von 90 Wohnungen für mehrere Hundert Asylbewerber in der 860-Einwohner-Gemeinde Demen. Einwohner des Ortes sagten in der Fragestunde, es gebe im Ort offene Fragen. Sie forderten Landrat Stefan Sternberg (SPD) auf, nach Demen zu kommen und mit den Bürgern zu sprechen.
In Greifswald versammelten sich vor einer Sitzung des Hauptausschusses am Donnerstagabend neben dem Rathaus laut Polizeischätzungen etwa 500 Menschen ohne Anmeldung und brachten ihren Unmut über Unterbringungspläne der Hansestadt zum Ausdruck. Auf Plakaten kritisierten sie auch die Bundesregierung und ihre Migrationspolitik. Zu einer Gegendemonstration kamen nach Polizeiangaben etwa 230 Menschen.
Die Polizei stellte sich zwischen die Gruppen und vor den Eingang des Rathauses. Auch Medien und der Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) wurden aus den Reihen der größeren Versammlung und von Rednerinnen teils deutlich kritisiert.
Der Hauptausschuss wollte am Abend über eine geplante Unterkunft für Geflüchtete in Greifswald beraten. Ursprünglich war geplant, im Ostseeviertel im Osten der Stadt eine Containerunterkunft mit 500 Plätzen einzurichten. Dies war auf starken Widerstand gestoßen. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald sowie die Stadt hatten daraufhin die Prüfung mehrerer kleinerer Standorte als Alternative angekündigt. Noch am Abend wollten Fassbinder und der Landrat Michael Sack (CDU) eine Erklärung abgeben. Es wurde damit gerechnet, dass erst die Bürgerschaft in einer Sondersitzung abschließend entscheidet.
Im Umfeld einer Sitzung der Ortsteilvertretung Ostseeviertel hatten am Montag etwa 500 Menschen gegen die geplante Containerunterkunft protestiert. Es war zu Anfeindungen gegen Oberbürgermeister Fassbinder gekommen, der unter Polizeischutz die Sitzung verließ.
In Parchim demonstrierten vor der Kreistagssitzung am Donnerstag rund 50 Menschen für die Aufnahme und menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten. Aktionen von Gegnern blieben aus.
Im Kreistag verteidigte Landrat Sternberg die geplante Unterbringung in Demen. Es werde kein Containerdorf und keine Zeltstadt errichtet, sondern es würden 90 vorhandene Wohnungen angemietet, hob er hervor. Mietbeginn sei der 1. April. Derzeit würden die Wohnungen hergerichtet.
Sternberg appellierte zugleich an den Bund, mehr Unterstützung für die soziale Infrastruktur wie medizinische Versorgung, Kitas und Schulen zu geben, denn Mecklenburg-Vorpommern sei von kleinen Gemeinden geprägt. «Wir werden einen weiteren dauerhaften Zustrom in dieser Form noch eine gewisse Zeit vertragen, aber auch wir sind an unserer Schmerzgrenze», sagte er.
Alle sechs Landkreise hätten in einem Brief Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und Innenminister Christian Pegel (SPD) gebeten, beim nächsten Bund-Länder-Gipfel das Thema anzusprechen. «Es muss vom Bund Lösungen geben», stellte Sternberg klar.
Derzeit werden an mehreren Orten in MV neue, große Unterkünfte für Asylbewerber vorbereitet, wogegen sich Unmut vor Ort regt, zum Beispiel in Upahl (Nordwestmecklenburg) und Greifswald. Die Kommunen haben kaum noch Kapazitäten frei infolge der großen Zahl an Ukraine-Flüchtlingen.
In der Einwohnerfragestunde kritisierte ein Bürger aus Demen die Entscheidung, mehrere Hundert Menschen in dem Ort unterzubringen. Es gebe dort nichts für die Leute, sagte er. Sternberg zufolge sollen in den Wohnungen Familien untergebracht werden. Zwar seien 455 Plätze vorgesehen, doch eine Unterkunft gelte bereits bei einer Belegung von 75 Prozent als ausgelastet. Die 90 Wohnungen befinden sich in zwei Wohnblöcken, die zu DDR-Zeiten für die Nationale Volksarmee errichtet worden waren. Dahinter erstreckte sich einst ein Kasernengelände.
Der Landrat sagte weiter, für die Asylbewerber-Unterkunft in Demen seien eine soziale Betreuung und ein Wachdienst vorgesehen. Sprachkurse sollten in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule organisiert werden. Außerdem werde eine Kinderbetreuung in den Gebäuden angeboten, da die Kita im Ort ausgelastet sei. Ausländer- und Sozialbehörden würden vor Ort Sprechzeiten einrichten. Die medizinische Versorgung werde in Kooperation mit dem Krankenhaus Crivitz sichergestellt, da der Arzt vor Ort ausgelastet sei.