Die aktuelle Asylpolitik wird im Schweriner Landtag weiterhin kontrovers diskutiert. Redner von AfD und CDU erneuerten ihre Forderungen nach konsequenter Umsetzung des Asylrechts in Deutschland, um die Zuwanderung zu begrenzen. Die bisherige Auslegung habe sich als «dysfunktionales System» erwiesen, sagte CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow am Mittwoch im Landtag in Schwerin. Der von den EU-Innenministern gefundene Kompromiss zu einem EU-weiten Asylsystem mit der Prüfung von Asylansprüchen schon an den Außengrenze sei ein richtiger Schritt.
Dem widersprachen Redner von Grünen und Linken. Mit dem Beschluss der Innenminister würden nur Signale der Abschottung gesendet und das Grundrecht auf Asyl unterhöhlt. «Inhaftierungslager sowie das Sterbenlassen an den EU-Außengrenze und im Mittelmeer sind zutiefst inhuman und werden den Problemen in keiner Weise gerecht», erklärte Steffi Pulz-Debler von der Linksfraktion. Anne Shepley von den Grünen räumte ein, dass die europäische Asylpolitik dringender Reformen bedürfe. «Diese Reformen dürfen aber keinesfalls dazu führen, dass die Verletzung der Menschenrechte an Europas Außengrenzen künftig zur Tagesordnung gehört», betonte sie.
Die Positionen von Linke und Grünen trafen bei CDU-Fraktionschef Liskow auf Kritik: «Die Agenda lautet: Jeder der kommt, darf bleiben», sagte er. Dies sei inzwischen zwar der Status quo, habe aber keine gesetzliche Grundlage. «Ich will nicht, dass jeder in der EU leben darf, der dies wünscht. Und ich bin auch nicht bereit, die Geschichte zu erzählen, dass jeder, der hierher kommt, eine gesuchte Fachkraft ist», sagte der CDU-Politiker. Unstrittig sei, dass Deutschland auf Zuwanderung angewiesen sei und jede qualifizierte Fachkraft der Wirtschaft nütze. Wer in seiner Heimat um Leib und Leben fürchten müsse, erhalte Asyl. Doch wer nach Deutschland komme und hier dauerhaft bleiben wolle, von dem erwarte er «Respekt vor den hiesigen Gesetzen und der hiesigen Art zu leben».
Shepley mahnte daraufhin, in der Migrationsdebatte dringend den Ton zu mäßigen. Wer versuche, den Asyldiskurs zu entmenschlichen, werde nur auf rechte Positionen einzahlen. «Auch in diesem Bundesland brauchen wir eine CDU, die sich gemeinsam mit den anderen demokratischen Fraktionen als Brandmauer gegen Rechts positioniert - und nicht als Brandbeschleuniger», sagte Shepley. Sie trat zudem der Forderung der FDP entgegen, mehr Staaten als sichere Herkunftsländer zu deklarieren. Die Behauptung, dass damit Verfahren beschleunigt werden könnten, sei ein Trugschluss und durch nichts belegt.
Kritisch äußerte sich auch die SPD-Abgeordnete Dagmar Kaselitz zu den Äußerungen Liskows. «Von christlicher Nächstenliebe, die dem Namen nach der CDU ja nicht fremd sein sollte, war in den Ausführungen des CDU-Fraktionsvorsitzenden wenig zu spüren», konstatierte sie. Das Herz der CDU sei nur so lange groß, wie die Menschen, die große Herzen benötigen, weit weg seien. Zudem dürfe bei Liskows Kritik an der Umsetzung des Asylrechts nicht vergessen werden, dass von 2005 bis 2021 alle Bundesinnenminister der Union angehörten und auch im Land die CDU über Jahre hinweg den Innenminister gestellt habe.
Wie Anträge der FDP fand auch der Vorstoß der AfD, mit dem Wechsel von Geld- zu Sachleistungen die Anreize zur Einwanderung zu verringern, keine Mehrheit im Parlament. Nach den Worten von Innenminister Christian Pegel (SPD) erhalten Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtungen im Land und von Sammelunterkünften in den Kommunen bereits vorwiegend Sachleistungen und lediglich ein Taschengeld.
Pegel räumte ein, dass die hohe Zahl von Flüchtlingen Land und Kommunen vor große Herausforderungen stelle. Mecklenburg-Vorpommern erstatte aber als eines von nur wenigen Bundesländern den Kommunen die Kosten der Unterbringung und Verpflegung vollständig: «Mehr Verantwortung als Land geht wohl kaum», sagte der Minister.
Nach Daten des Bundesamtes für Migration nahm Mecklenburg-Vorpommern im Vorjahr etwa 4900 Asylbewerber auf. Zusätzlich fanden knapp 23 000 ukrainische Kriegsflüchtlinge Schutz im Nordosten. Die Bereitstellung der benötigten Unterkünfte stellt die Kommunen im Land vielerorts vor zunehmende Probleme. Umstritten ist die Einrichtung von Containersiedlungen in Gemeinden ohne die erforderliche Infrastruktur, wie sie etwa für Upahl (Nordwestmecklenburg) geplant ist.
Das stete Betonen, an der Seite der Kommunen zu stehen, sei wohlfeil, habe mit der Realität aber nur wenig zu tun, konstatierte FDP-Fraktionschef René Domke. «Aus der Praxis erreicht uns ein anderes Bild: Kommunen, die bei der Unterbringung an ihre Belastungsgrenze kommen. Kommunale Spitzenverbände, die bezüglich der Beschulung von Flüchtlingskindern ein verheerendes Bild zeichnen», zählte Domke auf. Er warf der rot-roten Koalition vor, weiter die Augen vor dem zu verschließen, «was gerade ist». Vorschläge der Opposition für tragfähige Lösungen würden abgelehnt. Dazu gehöre auch die Forderung nach Vorlage eines Sachstandberichts zur Migration.