Elf Jahre Haft wegen Mordes: «Kindern die Mutter genommen»

Der Prozess gegen einen 43-Jährigen am Landgericht Stralsund zeichnet nicht nur den Mord an seiner Frau vor einem halben Jahr nach, auch die verheerenden Folgen für die Familie sind Thema.
Frau erstochen - Urteil gegen Ehemann erwartet
Der Angeklagte sitzt hinter einem Aktenordner im Gerichtssaal vom Landgericht in Stralsund. © Frank Hormann/dpa/Archivbild

Ruhig und mit gesenktem Kopf hört er dem Übersetzer neben ihm zu, als dieser die Urteilsbegründung übersetzt. Am Landgericht Stralsund ist am Mittwoch ein aus Marokko stammender Mann wegen des Mordes an seiner Frau zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Strafverschärfend war laut Vorsitzendem Richter unter anderem, dass der 43-Jährige, «mit seiner Tat seinen Kindern die Mutter genommen hat».

Die Kammer sah es als erwiesen an, dass er am 12. Oktober 2022 in einer Asylbewerberunterkunft in Barth (Vorpommern-Rügen) 35 Mal mit einem Küchenmesser auf die Frau eingestochen habe.

Die Tat hat die Familie, die 2015 nach Deutschland gekommen war, und ihr bisheriges Leben endgültig zerschlagen. Die drei Kinder waren teilweise in Deutschland geboren worden beziehungsweise hier aufgewachsen. Im Endeffekt habe die Tat auch dazu geführt, dass sie nun wieder in Marokko seien und ihnen insoweit ihre gewohnte Umgebung genommen worden sei, sagte der Richter. Nach Angaben der Verteidigung leben sie nun bei ihren Großeltern.

Laut Gericht war die Beziehung der Eheleute schon länger belastet gewesen durch den übermäßigen Konsum von Alkohol und anderen Drogen des Mannes. Es habe Übergriffe auf die Frau gegeben, die auch zeitweise im Frauenhaus untergekommen sei. Zeuginnen hatten davon berichtet, dass sich die Frau von ihrem Mann bedroht und überwacht gefühlt habe. Demnach hätte sie eigentlich von ihm getrennt leben wollen, aber befürchtet, ihr Mann würde sie dann umbringen. Zeugen sagten aber auch aus, dass der Mann zeitweise seinen Konsum eingeschränkt habe und sich das Familienleben zumindest nach außen beruhigt habe.

Was unmittelbar vor der Tat passierte, die der nun Verurteilte zum Prozessauftakt eingeräumt hatte, konnte das Gericht nicht genau rekonstruieren. Er habe in der Nacht zuvor in erheblichem Maße Alkohol getrunken, auch ein Kokaintest nach der Tat fiel positiv aus. Dennoch hatte ein Wachmann der Unterkunft ausgesagt, er habe das Ehepaar noch kurz vor der Tat zusammen gesehen. Beide hätten sich normal verhalten. Ein Sachverständiger hatte von einer möglichen Kurzschluss-Handlung gesprochen.

Der Staatsanwalt hatte 13 Jahre Haft gefordert und mit Blick auf die massiven Verletzungen - mehrere für sich genommen tödlich - von einem «Overkill» gesprochen. Er sah Eifersucht als niederen Beweggrund gegeben. Die Kammer folgte dieser Einschätzung. Er habe den Tod seiner Frau beabsichtigt und unmittelbar danach laut Zeugen gesagt: «Ich bin ein Mann. Ich musste es tun.» Strafverschärfend kam laut Richter hinzu, dass der Mann direkt nach der Tat Fotos und Videos mit seinem Handy von dem Opfer gemacht und verschickt habe. Darin habe er entgegen der Tatsachen behauptet, sie mit einem anderen Mann erwischt zu haben.

Die Kammer verhängte nicht - wie eigentlich bei Mord vorgesehen - eine lebenslange Haftstrafe, weil eine erhebliche Minderung seiner Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt wegen des Alkohol- und Kokainkonsums nicht auszuschließen sei. Sie ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Zuvor seien drei Jahre und sechs Monate der Haftstrafe zu vollziehen.

Strafmildernd wirkten sich laut Gericht neben dem Geständnis, das allerdings pauschal und «bei einer erdrückenden Beweislage» erfolgt sei, auch gezeigte Reue aus. In einer zum Prozessauftakt durch seinen Verteidiger erklärten Erklärung hieß es, sein Mandant bereue die Tat auch mit Blick auf die Folgen für die Kinder «zutiefst». Wiederholt hatte der Mann während der Verhandlung mit den Tränen zu kämpfen. Einmal musste unterbrochen werden, weil er sich nicht beruhigte. Die Verteidigung hatte auf sechs Jahre wegen Totschlags plädiert. Eifersucht als niederen Beweggrund sah sie in diesem Fall als nicht erwiesen an.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach Aussage eines Verteidigers will der Verurteilte eine mögliche Revision noch bedenken.

© dpa ⁄ Christopher Hirsch, dpa
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