Versorgung in Kliniken: Landkreis Rügen sucht Freiwillige

Die Lage in den Krankenhäusern ist derzeit äußerst angespannt. Landkreise improvisieren und suchen etwa freiwillige Helfer. Ein Chefarzt zeigt sich mit Blick auf Silvester besorgt.
Ein Arzt hält ein Stethoskop in der Hand. © Patrick Seeger/dpa/Symbolbild

Die angespannte Versorgungslage im Gesundheitssektor auch im Nordosten zwingt Landkreise zur Improvisation. Der Landkreis Vorpommern-Rügen sucht nach freiwilligen Helfern zur Mitarbeit beim Krankentransport, in der Notaufnahme und im Pflegebereich. Wie eine Landkreissprecherin am Freitag sagte, ist ein entsprechendes Schreiben an Hilfsorganisationen und Feuerwehren gegangen. Diese Einrichtungen sollten die Rekrutierung steuern. Mittlerweile meldeten sich aber auch Bürger direkt bei der Verwaltung. Zuerst hatte der Radiosender Ostseewelle berichtet.

Dem Schreiben zufolge könnten die Helfer und Helferinnen in Acht-Stunden-Schichten arbeiten und 20 Euro pro Stunde im Rahmen der Ehrenamtspauschale erhalten. Für Ehrenamtler, die hauptberuflich im Rettungsdienst oder in Krankenhäusern arbeiten, solle ihr eigentlicher Arbeitgeber Priorität haben, heißt es. «Sonst organisieren wir uns ein nächstes Problem.»

Der Landkreis rechnet mit einer Zuspitzung der Lage zum Jahreswechsel und stellt deshalb für die Aktion 50.000 Euro zur Verfügung. Man wolle den Prozess in Gang bringen, «ohne eine für die Patientenversorgung relevante Minute zu verschenken». Man gehe davon aus, dass Krankenhäuser darüber hinaus gegebenenfalls auch Eigenmittel heranziehen könnten. Vor allem in den Krankenhäusern Ribnitz-Damgarten, Stralsund, Bergen und Grimmen sei die Lage ernst.

Die Telenotarztzentrale des Landkreises Vorpommern-Greifswald unterstützt mittlerweile die Notaufnahmen der Landkreise Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald bei der Verlegung von Notfallpatienten. Wenn Einrichtungen selbst nicht in der Lage sind, Häuser für eine Verlegung zu suchen, helfen die in Kooperation mit der Universitätsmedizin Greifswald gestellten Telenotärzte dabei, wie der Landkreis Vorpommern-Greifswald am Freitag mitteilte.

Der Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Asklepios Klinik Pasewalk warnt unterdessen vor einer Verschärfung der Versorgungslage zu Silvester. «Wenn da noch schwere Verletzungen durch Feuerwerkskörper in den Notaufnahmen zu versorgen sein werden, wird es richtig eng», sagte Bernd Müllejans laut einer Mitteilung des MV-Landesverbandes des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) vom Freitag. Müllejans ist auch DRK-Landesarzt.

«Das wird in besonderer Weise auch der Rettungsdienst zu spüren bekommen, wo die Situation natürlich nicht besser als in den Kliniken ist.» Auch hier treffe ein hoher Krankenstand auf viele Patienten beziehungsweise viele Alarmierungen wegen Bagatellen. Außerdem belasteten lange Verlegungsfahrten in Folge der aktuellen Lage in den Kliniken die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Die Lage bei den Rettungsdiensten und in den Krankenhäusern im Land sei alarmierend. Während seiner fast 35-jährigen Tätigkeit als Anästhesist und Intensivmediziner habe er eine derart angespannte Personalsituation in der stationären Patientenversorgung noch nicht erlebt. «Wir reden hier von Krankenständen im pflegerischen und ärztlichen Bereich von bis zu 40 Prozent.» Am Freitag seien in ganz MV nur 36 von insgesamt 550 Intensivbetten frei gewesen. «Diese Zahl spricht für sich.» In den vergangenen Tagen hätten mehrfach alle Kliniken der Maximalversorgung im Bundesland gleichzeitig ihre Intensivstationen aus Kapazitätsgründen abmelden müssen.

Die Krankheitswellen träfen auf ein Gesundheitssystem, das etwa durch Ökonomisierungszwänge, der Abwanderung von Fachpersonal oder ausufernder Bürokratisierung «regelrecht ausgepresst» sei. «Den Ist-Zustand zurückzudrehen, wird extrem schwer.» Vor allem die ausufernde Bürokratie für Ärzte und Pflegekräften kritisierte er. Aktuelle Bemühungen der Politik griffen frühestens in ein paar Jahren. «In der aktuellen Situation hilft leider nur Zähne zusammenbeißen.»

Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft des Landes vom Donnerstag kann es bei nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen zu sehr langen Wartezeiten in den Notaufnahmen kommen. Mitunter würden Patienten auch wieder weggeschickt oder an den Notdienst der niedergelassenen Ärzte verwiesen. Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) hatte Kliniken dazu aufgerufen, die begrenzten Versorgungskapazitäten zu Gunsten der Notfallversorgung zu nutzen.

© dpa
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