Das vom Landtag geforderte Ende der maßgeblich mit Geld aus Russland finanzierten Klimaschutzstiftung MV ist nach den Worten von Innenminister Christian Pegel (SPD) nicht umzusetzen. Es seien mehrere Wege versucht worden. «Wir können als Landesregierung aktuell feststellen, dass die Auflösung nicht umsetzbar ist», sagte Pegel am Donnerstag im Landtag in Schwerin.
Nach öffentlichen Ankündigungen habe der Stiftungsvorstand nun am Dienstag auch schriftlich mitgeteilt, dass er seine Zusage zum Rücktritt nicht einhalten werde. «Das klare Abstandnehmen von der Vereinbarung schafft eine komplett neue Situation», sagte Pegel. Nach seiner Einschätzung würde sowohl eine Abberufung des Vorstandes durch die Ministerpräsidentin als auch eine Auflösung der Stiftung durch das Justizministerium als Aufsichtsbehörde langwierige Gerichtsverfahren nach sich ziehen. Zur Auflösung der Stiftung liegen zwei Rechtsgutachten vor, die zu konträren Ergebnissen kamen.
Mit dem Beschluss zur Stiftungsauflösung war die rot-rote Landesregierung vor mehr als einem Jahr mit breiter Mehrheit aufgefordert worden, als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine «darauf hinzuwirken, dass die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV nicht fortbesteht».
Der Weg war nach den Worten des CDU-Abgeordneten Sebastian Ehlers bewusst offengelassen worden. Doch sei die Landesregierung auch nach dem Vorliegen des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens, das Wege aufgezeigt habe, die Stiftung zu beenden, nicht tätig geworden. «Es gibt berechtigte Zweifel am Auflösungswillen der Landesregierung», sagte Ehlers.
Der Vorstand um Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) weigert sich - entgegen vorherigen Absprachen - zurückzutreten und damit den Weg freizumachen für die Auflösung der Stiftung. Sellering hält unter Hinweis auf das deutsche Stiftungsrecht eine rechtskonforme Auflösung für unmöglich. Der umstrittene wirtschaftliche Teil der Stiftung, der die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 sichern sollte, sei abgewickelt, für Klimaschutzprojekte sei weiterhin Geld da, und der Stiftungszweck damit weiter erfüllbar, argumentiert Sellering.
Diese Auffassung vertritt auch die AfD, die als einzige Fraktion im Landtag die Auflösung der Stiftung ablehnt und einen entsprechenden Antrag eingebracht hatte. «Die Stiftung ist nicht rechtskonform auflösbar, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür einfach nicht vorliegen», sagte der AfD-Abgeordnete Horst Förster. Das Justizministerium als Stiftungsaufsicht habe den Stiftungszweck ausdrücklich bestätigt, Stiftungen seien zudem eigenständig, auf ewig angelegt und könnten so nicht auf politische Weisung hin aufgelöst werden.
Die Grünen-Abgeordnete Constanze Oehlrich hingegen verwies auf ein Gerichtsurteil, nach dem die Klimaschutzstiftung staatlich beherrscht sei und daher keinen Grundrechtsschutz besitze. Die Stiftungsaufsicht könne die Stiftung aufheben. Die Satzung biete Möglichkeiten dazu, zeigte sich Oehlrich überzeugt. Zudem könne wegen der seit Stiftungsgründung grundlegend veränderten Bedingungen der Vorstand die Auflösung der Stiftung beschließen.
FDP-Fraktionschef René Domke, dessen Fraktion die Debatte mit initiiert hatte, forderte von der Landesregierung detailliert Auskunft darüber, welche Schritte sie seit März 2022 zur Umsetzung des Landtagsbeschlusses unternommen habe. Wegen der anhaltenden Hängepartie um die Auflösung hatte Landtagspräsidentin Birgit Hesse am Dienstag die Einsetzung eines Beauftragten angekündigt, der die Situation beleuchten und beurteilen soll, welche Möglichkeiten zur Umsetzung des Landtagsbeschlusses bestehen. SPD-Fraktionschef Julian Barlen forderte die Oppositionsfraktionen auf, diesen Weg mitzugehen, doch stehen diese dem skeptisch gegenüber.
Michael Noetzel von der Linksfraktion sagte, die Auflösung der Stiftung gehe nur mit dem Vorstand. Er forderte die drei Vorstandsmitglieder auf, vereinbarungsgemäß ihre Ämter niederzulegen: «Gehen Sie in sich, tun Sie sich und uns das nicht länger an», sagte er. Das jetzige Gebaren sei unwürdig.
Die Klimaschutzstiftung MV war Anfang 2021 gegründet worden, um die Fertigstellung der Erdgasleitung Nord Stream 2 unter Umgehung von Sanktionsdrohungen der USA gegen beteiligte Firmen zu ermöglichen. Das Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom hatte für Umweltprojekte 20 Millionen Euro in die Stiftung eingebracht. Der für den Fertigbau der Gasleitung befristet eingerichtete und ebenfalls von Nord Stream 2 finanzierte Geschäftsbetrieb der Stiftung wurde abgewickelt.