Trübe Konjunkturaussichten, Unsicherheiten und die übliche Sommerflaute beeinträchtigen auch den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern. Den dritten Monat in Folge ging die Zahl der Arbeitslosen nach oben. Wie die Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag mitteilte, waren Mitte des Monats 62 500 Menschen ohne Job. Das waren 1000 mehr als vor einem Jahr und 2200 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote ging um 0,2 Punkte auf 7,6 Prozent nach oben. Bundesweit stieg die Zahl der Arbeitslosen auf knapp 2,7 Millionen. Die Quote erhöhte sich auf 5,8 Prozent.
Der Anstieg zum Vormonat sei größer ausgefallen als in früheren Jahren und spiegele die konjunkturelle Lage wider, konstatierte Regionalchef Markus Biercher. Die Verunsicherung vieler Unternehmen sei zu spüren, und die Zurückhaltung der Verbraucher angesichts der Preisentwicklungen bremse die Binnennachfrage. Doch sei der Zuwachs im Vergleich zu anderen Nordländern geringer ausgefallen. «Das spricht für einen weiterhin robusten Arbeitsmarkt im Land», sagte Biercher. Hamburg verzeichnet mit 7,7 Prozent eine höhere Arbeitslosenquote als Mecklenburg-Vorpommern. Noch höher lagen die Werte in Bremen (11) und Berlin (9,4), am niedrigsten in Bayern (3,5).
Ungenutzte Potenziale
Biercher appellierte an die Unternehmen, die Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Angebote der Arbeitsagentur zu nutzen. «Es wirkt schon paradox: Einerseits sorgen sich viele Firmen um den Fachkräftenachwuchs, andererseits bleiben Potenziale ungenutzt.» So seien im Nordosten fast 7000 junge Leute ohne Job und 4100 oft gut ausgebildete Menschen mit Behinderung auf der Suche nach einer Anstellung. «Wenn es fachlich nicht passt, dann können wir für maßgeschneiderte Qualifizierungen sorgen», sagte Biercher. Er reagierte damit auch auf den Rückgang der offenen Stellen, die mit 17 900 unter dem Vorjahreswert von 20 300 lag.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt lag im Juni mit 580 700 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 3700 niedriger. Vor allem die Metall- und Elektroindustrie sowie das Gastgewerbe verzeichneten einen personellen Aderlass. «Die demografische Entwicklung macht sich leider bemerkbar - wir haben weniger Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen», erklärte Wirtschaftsminister Reinhard Meyer. Umso wichtiger sei es, bei der Fachkräftegewinnung neue Wege zu gehen. Dazu gehörten eine strukturierte Fachkräfteeinwanderung, gezielte Weiterbildung und die Stärkung der Ausbildung.
3300 Ausbildungsplätze unbesetzt
Trotz des offiziellen Ausbildungsbeginns im August sei auf dem Ausbildungsmarkt viel in Bewegung, sagte Biercher. Etwa 3300 Ausbildungsplätze seien noch als unbesetzt gemeldet. Vor allem der Einzelhandel, die Gastronomie und das Hotelgewerbe böten zahlreiche offene Lehrstellen. Für unversorgte Schulabgänger gebe es kurzfristig Beratungstermine.
Laut Statistik hatten im August etwa 1400 junge Leute in MV noch keinen Ausbildungsplatz. Biercher warb dafür, auch Jugendlichen mit schwächeren schulischen Leistungen eine Chance zu geben, sie persönlich zu beurteilen und nicht nach Aktenlage. Die Arbeitsagentur gewähre für den Anfang Unterstützung etwa durch eine Einstiegsqualifizierung oder eine assistierte Ausbildung.
Die FDP-Landtagsabgeordnete Sabine Enseleit warf der Landesregierung vor, Jugendlichen ohne Schulabschluss nicht die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. So gebe es kaum Informationen über deren Lebensweg und soziale Situation. Für geeignete Chancenprogramme fehle der Landesregierung das notwendige Wissen.