Beuth: Erhöhter Druck auf rechtsextreme Szene

Mit den Aussagen von Innenminister Beuth und Ex-Ministerpräsident Bouffier endet die Beweisaufnahme im Lübcke-Untersuchungsausschuss. Der Abschlussbericht soll dem Landtag voraussichtlich im Frühsommer übermittelt werden.
Hessens Innenminister Peter Beuth im Untersuchungsausschuss des Landtags zum Mord Walter Lübckes. © Arne Dedert/dpa

Der Druck der hessischen Sicherheitsbehörden auf die rechtsextreme Szene hat sich nach der Überzeugung von Innenminister Peter Beuth (CDU) seit dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erhöht. Unter anderem sei der Landesverfassungsschutz in den zurückliegenden Jahren personell und strukturell gestärkt worden, sagte Beuth am Donnerstag in Wiesbaden als Zeuge im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum Mord an Lübcke. Der Ausschuss soll die Rolle der hessischen Sicherheitsbehörden in dem Mordfall aufarbeiten.

Der CDU-Politiker war 2019 von dem Rechtsextremisten Stephan Ernst auf der Terrasse seines Hauses erschossen worden. Die Tat sei nicht vorhersehbar gewesen, sagte der Innenminister. Man habe nicht hinter die Stirn von Ernst schauen können. Diese Einschätzung äußerte auch der ehemalige hessische Ministerpräsident und frühere Innenminister Volker Bouffier (CDU) als Zeuge im Ausschuss. Er selbst habe vor der Tat im Jahr 2019 dienstlich keine Kenntnis von dem Rechtsextremisten gehabt.

«Das Landesamt für Verfassungsschutz haben wir operativer, präventiver und transparenter aufgestellt», sagte Beuth. In den Veränderungsprozess seien unter anderem die Erkenntnisse aus den NSU-Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im hessischen Landtag eingeflossen. Unter anderem sei ein Einzelfall bezogenes Risikomanagement eingeführt worden, berichtete der Innenminister.

Es würden verstärkt Einzelne beobachtet, nicht nur Gruppen. Außerdem werde ein stärkeres Augenmerk auf Rechtsextremisten gelegt, die sich zwar unauffällig verhielten, jedoch dennoch möglicherweise radikalisierten. Der spätere Lübcke-Mörder Ernst war beim Verfassungsschutz aktenkundig gewesen. Zum Tatzeitpunkt stand er jedoch nicht mehr unter besonderer Beobachtung.

Der Verfassungsschutz habe einen gesetzlichen Rahmen, um wen er sich kümmere, erklärte der früherer Innenminister und Regierungschef Bouffier. Straftäter seien nicht automatisch ein Fall für den Verfassungsschutz. Wenn eine Person über einen längeren Zeitraum nicht auffällig sei, tauche sie nicht mehr in den Akten auf.

Beuth erläuterte, seit Gründung der polizeilichen Organisationseinheit «BAO Hessen R» im Kampf gegen Rechts 2019 habe es mehr als 430 konzentrierte Einsätze gegen die rechte Szene unter ihrer Federführung gegeben. Der Innenminister bezeichnete den Rechtsextremismus aktuell als größte Bedrohung für die Innere Sicherheit. Der Kampf gegen politischen Extremismus und Rechtsextremismus bilde einen Schwerpunkt der Arbeit von Polizei und Landesverfassungsschutz.

Er sei nach wie vor erschüttert und sehr traurig über den Tod Lübckes, sagte Beuth. Vor allem für die Familie sei dies ein «unfassbarer Verlust». Lübcke sei ein «Pfundskerl» gewesen, ein «großartiger Mensch». «Ich habe ihn sehr gemocht», sagte Beuth. Lübckes Vermächtnis sei die Dauerverpflichtung zum Einsatz für die Demokratie, betonte Ex-Ministerpräsident Bouffier. Der Mord an seinem Freund habe ihn entsetzt und aufgewühlt. Er habe Jahrzehnte lang eng mit Lübcke zusammengearbeitet, deshalb fühle er sich seiner Familie noch verbunden, erklärte Bouffier.

Der Obmann der Linksfraktion im Ausschuss, Torsten Felstehausen, kritisierte, die Aussagen von Beuth enthielten viel Selbstlob, aber keine Erkenntnis bezüglich etwaiger Fehler. Allerdings hätten Pannen der Sicherheitsbehörden unter anderem dazu geführt, dass die Gefährlichkeit von Ernst falsch eingeschätzt worden sei.

Auch der Obmann der SPD-Fraktion, Günter Rudolph, erklärte, der Ausschuss habe in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren deutlich herausgearbeitet, dass hessische Sicherheitsbehörden vor dem Mord erhebliche Fehler gemacht hätten.

Der Obmann der FDP-Fraktion, Matthias Büger, kritisierte, dass es Bouffier in seiner Zeit als Innenminister versäumt habe, das Landesamt für Verfassungsschutz in ausreichendem Maß strukturell und personell zu stärken. Ob der Mord an Lübcke hätte verhindert werden können, könne niemand seriös sagen. Durch die schlechte personelle und technische Ausstattung sowie Ausbildungsdefizite habe sich jedoch das Risiko erhöht, dass Fehler passieren können.

© dpa
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