Tod von Kindern: Ex-Bürgermeister scheitert mit Berufung

Drei Kinder ertrinken in einem Dorfteich im nordhessischen Neukirchen. Danach befindet ein erstes Gericht den ehemaligen Rathauschef der fahrlässigen Tötung für schuldig. Nun ist das Berufungsurteil gegen ihn gefallen.
Klemens Olbrich, ehemaliger Bürgermeister von Neukirchen, steht im Gerichtssaal des Landgerichts. © Nadine Weigel/dpa/Archivbild

Mehr als sechs Jahre ist es her, dass drei Kinder in einem Dorfteich im nordhessischen Neukirchen ertranken. Jetzt hat das Landgericht Marburg die Berufung des ehemaligen Bürgermeisters der Stadt, Klemens Olbrich (CDU), verworfen und ihn wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe verurteilt. «Weil es Kinder waren, die sich nicht selbst schützen konnten, mussten Sie sie schützen», sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Pfotenhauer am Donnerstag in seiner Begründung.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Olbrich die Verkehrssicherungspflicht für den Teich verletzt hatte und verhängte eine Geldstrafe von insgesamt 14.400 Euro (180 Tagessätze zu je 80 Euro). Die vom Teich ausgehende Gefahr sei bekannt gewesen. Der Unfall sei zweifellos vermeidbar gewesen, wäre der damalige Bürgermeister seiner Sicherungspflicht nachgekommen, befand die Kammer. Der Angeklagte habe diesbezüglich «schlicht und einfach versagt».

Im Juni 2016 waren drei Geschwister im Alter von fünf, acht und neun Jahren in dem bis zu knapp zwei Meter tiefen Dorfteich ertrunken. Die Anklage ging davon, dass mindestens ein Kind beim Spielen ins Wasser gefallen war und die anderen beim Versuch, Hilfe zu leisten, ebenfalls verunglückten. Wegen der gepflasterten und rutschigen Uferböschung hätten sie sich nicht retten können, so das Landgericht.

Mit dem Urteil verwarf die Kammer die Berufung Olbrichs. Der 65-Jährige war im Februar 2020 in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 12.000 Euro auf Bewährung verurteilt worden. Auch die Staatsanwaltschaft hatte Rechtsmittel eingelegt.

Olbrich hatte am ersten Verhandlungstag erklärt, er habe den Teich nicht als gefährlich wahrgenommen. «Es gab keine Hinweise aus der Bevölkerung, auch nicht von professionellen Dritten.» Die Notwendigkeit von Sicherheitsmaßnahmen sei nie ein Thema gewesen.

Im Mittelpunkt des Berufungsverfahrens hatte ein Schreiben einer Kommunalversicherung vom April 2014 gestanden, in dem der Versicherer den Teich auf die Anfrage eines Verwaltungsmitarbeiters der Stadt hin als verkehrsgefährlich eingeschätzt und der Kommune aus haftungsrechtlichen Gründen empfohlen hatte, das Gelände einzuzäunen beziehungsweise abzusichern. Olbrich will den Inhalt des Schreibens erst im März 2020 und somit erst kurz nach dem erstinstanzlichen Urteil zur Kenntnis genommen haben.

Das Landgericht hingegen war der Auffassung, der Angeklagte selbst habe den Mitarbeiter mit der Nachfrage bei der Versicherung beauftragt. «Aber auch unabhängig von dem Schreiben der Versicherung hätten Sie eingreifen müssen, weil Sie als Bürgermeister dafür verantwortlich sind, dass in Ihren Liegenschaften keine Unbeteiligten zu Schaden kommen», sagte der Vorsitzende Richter.

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung sowie eine Geldauflage gefordert. Die beiden Nebenkläger - Vater und Mutter der ertrunkenen Kinder - schlossen sich der Forderung an. Gegen das Urteil ist Revision möglich.

© dpa
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