Razzia gegen IS-Finanzierungsnetzwerk in Hessen und im Bund

Mit Aufrufen sollen sie Spenden für inhaftierte IS-Anhängerinnen gesammelt haben. Die Sicherheitsbehörden folgten über Jahre ihren Spuren und greifen jetzt zu. Über ein Dutzend Durchsuchungen gibt es allein in Hessen.
Handschellen
Ein Mann trägt Handschellen. © Stefan Sauer/dpa/Illustration

Die Bundesanwaltschaft hat bei einer Razzia in mehreren Bundesländern sieben mutmaßliche Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) festnehmen lassen. Die vier Frauen und drei Männer sollen Spendengelder für den IS gesammelt haben. Das Geld soll laut Bundesanwaltschaft insbesondere der Verbesserung der Versorgungslage von IS-Anhängern, die in den syrischen Lagern Al-Hol und Roj festgehalten werden, gedient haben sowie der Flucht oder Schleusung aus den Lagern.

Neben den Festnahmen habe es am Mittwochmorgen Durchsuchungen in elf Bundesländern gegeben, darunter auch in Hessen, teilten die Ermittler mit. Mehr als 1000 Kräfte des Bundeskriminalamts (BKA), der Landeskriminalämter der betroffenen Länder sowie der Polizei seien im Einsatz gewesen. Insgesamt wurden mehr als 100 Objekte durchsucht.

In Hessen wurden die Wohnungen von 14 Beschuldigten im Alter zwischen 20 und 44 Jahren durchsucht. Dabei handelt es sich nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt um Personen mit algerischer, italienischer, türkischer, österreichischer, irakischer, marokkanischer und deutscher Staatsangehörigkeit. Die Durchsuchungen fanden in Frankfurt, Kassel, Wiesbaden, Offenbach und Darmstadt sowie in den Landkreisen Hochtaunus, Rheingau-Taunus, Offenbach sowie Groß-Gerau statt.

Einem 34-Jährigen aus Darmstadt wird zur Last gelegt, Mittelsmann in einem internationalen Spendennetzwerk gewesen zu sein. Der Beschuldigte soll Spendengelder entgegengenommen und unter Einschaltung einer weiteren Person an ein mutmaßliches IS-Mitglied in Syrien weitergeleitet haben. Zu diesem Zweck soll der Beschuldigte den Angaben zufolge im September 2020 ein Konto bei einem Online-Bezahldienst eingerichtet und für Spendenaufrufe des Spendennetzwerks zur Verfügung gestellt haben.

Die übrigen Beschuldigten stehen laut Generalstaatsanwaltschaft in Verdacht, zwischen 2020 und 2022 mehrfach Geldbeträge an Personen «aus der Zwischenebene des Spendennetzwerks» überwiesen zu haben, wobei ihnen bewusst gewesen sein soll, dass das Geld an den IS weitergeleitet werden würde. Insgesamt soll ein Betrag von rund 16 000 Euro an den IS geflossen sein.

An der Polizeiaktion beteiligten sich den Angaben zufolge rund 180 Beamtinnen und Beamte des Hessischen Landeskriminalamts, der Polizeipräsidien Frankfurt, Südosthessen, Südhessen, Westhessen, und Nordhessen sowie dem Hessischem Bereitschaftspolizeipräsidium. Zahlreiche Beweismittel, insbesondere schriftliche Unterlagen, Datenträger, Kommunikationsmittel, Bargeld, Krypto-Wallets und Waffen seien sichergestellt worden.

Laut Bundesanwaltschaft gab es Durchsuchungen auch in Berlin, Bayern, Bremen, Baden-Württemberg, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Auch in den Niederlanden wurde demnach ein Objekt durchsucht. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg nannte zudem zwei Verfahren in Schleswig-Holstein.

Festgenommen wurden die drei Männer und vier Frauen in Ulm (Baden-Württemberg), im Landkreis Neuwied (Rheinland-Pfalz), in Bremen sowie je zwei im Kreis Heinsberg und im Rheinisch-Bergischen Kreis (beide Nordrhein-Westfalen). Sie seien als Finanzmittler in das internationale Finanzierungsnetzwerk eingebunden gewesen. «Durch ihr Sammeln von Spenden und deren Weiterleitung an den IS nahmen sie eine zentrale Rolle innerhalb des Finanzierungsnetzwerkes ein.»

Bei drei Verdächtigen ordnete der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof Untersuchungshaft an. Im Fall einer Frau aus dem Kreis Heinsberg bleibe der Haftbefehl zwar aufrecht erhalten, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Unter Auflagen sei er jedoch nicht in Vollzug gesetzt worden. Drei weitere Vorführungen beim Ermittlungsrichter waren für Donnerstag geplant.

Die oberste Anklagebehörde Deutschlands wirft den Beschuldigten in erster Linie Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Weiteren Beschuldigten werfen die Ermittler Geldzahlungen an das Finanzierungsnetzwerk zugunsten des IS vor. Um wie viele Menschen es insgesamt geht, vermochte der Sprecher nicht zu sagen. Zuständig sind verschiedene Generalstaatsanwaltschaften in den Bundesländern.

Seit 2020 hätten zwei Anhängerinnen des IS von Syrien aus über den Online-Dienst Telegram für Geldzahlungen geworben, teilte die Bundesanwaltschaft mit. «In das Netzwerk eingebunden waren Finanzmittler, die Gelder sammelten und Konten oder digitale Spendenkassen zur Verfügung stellten.» Das gesammelte Geld sei an IS-Mitglieder in Syrien oder an von dort benannte Mittelsleute transferiert worden - insgesamt mindestens 65.000 Euro. Die Zahlungen dienten den Angaben zufolge dazu, den IS zu stärken.

© dpa
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