Nach mehr als zwei Jahren Verhandlung ist der frühere Geschäftsführer des insolventen Goldhändlers PIM zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Das Landgericht Darmstadt sah in seinem Urteil am Dienstag die Vorwürfe des schweren Betruges und der vorsätzlichen Geldwäsche gegen den 51-Jährigen als erwiesen an. «Die Anleger sind nach unserer Überzeugung getäuscht worden», sagte der Vorsitzende Richter Felix Diefenbacher bei der Urteilsbegründung. Die Kammer blieb mit ihrem Urteil unter der Forderung der Anklage von siebeneinhalb Jahren und über der der Verteidigung von fünf Jahren und neun Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der angeklagte 51-Jährige nahm den Richterspruch gefasst hin und folgte der fast zweistündigen Urteilsbegründung konzentriert. Und er konnte das Gericht ersteinmal als freier Mann verlassen. Die Wirtschaftsstrafkammer setzte den Haftbefehl gegen ihn außer Vollzug. Nach drei Jahren und drei Monaten Untersuchungshaft unter erschwerten Bedingungen wegen der Corona-Pandemie erlegte ihm das Gericht bis zum Antritt der Restsrafe Meldepflichten auf. «Dass er erstmal freikommt, war ihm sehr wichtig», sagte Verteidigerin Stefanie Schott.
Das Gericht folgte mit seinem Urteil den Vorwürfen der Anklage. Die PIM Gold GmbH in Heusenstamm soll von 2016 bis September 2019 mit Kunden Lieferverträge einschließlich Bonusversprechen über Gold abgeschlossen, diese dann aber nicht erfüllt haben. Zinsen sollen nach einer Art Schneeballsystem mit dem Geld neu angeworbener Kunden ausgezahlt worden sein. Dies sieht auch die Kammer so.
«Es war nicht von Anfang an betrügerisch angelegt», sagte Diefenbacher über die Geschäfte der PIM. Der Angeklagte habe in seinem Geständnis angegeben, 2017 die Schieflage des Geschäfts bemerkt zu haben. Nach Auffassung der Kammer sei dies bereits 2016 der Fall gewesen. Trotzdem habe der 51-Jährige die Geschäfte weiter laufen lassen. «Sie hätten sich eingestehen müssen, gescheitert zu sein», sagte der Richter. Schon 2016 habe der Beschuldigte nicht mehr ernsthaft daran geglaubt, dass das Unternehmen noch erfolgreich geführt werden könne. Schon da habe es einen gravierenden Fehlbestand beim Gold gegeben, der sich immer weiter vergrößert habe.
Nach der Aussage des Insolvenzverwalters im Prozess hätten rund drei Tonnen Gold irgendwo in Tresoren liegen müssen. Gefunden wurden 270 Kilo Gold und weitere 180 Kilo Schmuck. Rund 7000 Gläubiger hätten berechtigte Ansprüche in Höhe von rund 140 Millionen Euro. Die tatsächliche Höhe liege insgesamt bei den rund 140 Millionen, sagte auch Diefenbacher. «Wir können das nicht genau beziffern.»
Anleger verloren durch die Versprechen von PIM-Gold und durch ihre Investitionen ihre Altersversorgung, lösten Bausparverträge auf und legten Erbschaften an im Hoffen auf hohe Renditen. Doch das Hoffen auf Gewinne nahm 2019 ein jähes Ende. Das Verfahren ins Rollen brachte 2017 ein ehemaliger Mitarbeiter, der sich mit dem Angeklagten überwarf und Anzeige erstattete. Im September 2019 wurde dann ein Haftbefehl gegen den 51-Jährigen vollstreckt und die Firma ging in die Insolvenz.
Das Verfahren dauerte fast 90 Prozesstage in zwei Jahren. Rund 200 Zeugen sind im Verfahren um den insolventen Goldhändler gehört worden. «Das Urteil hat die Tatvorwürfe der Staatsanwaltschaft bestätigt», sagte Staatsanwalt Hanno Wilk. Das mildere Urteil sei vertretbar. «Einverstanden sein muss ja erst mal unser Mandant und mit dem müssen wir uns erst noch beraten», sagte Verteidigerin Schott. Beide Seiten wollen prüfen, ob sie in Revision gehen werden.