Die hessische Linke hat sich gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen für ein möglichst schnelles Ende des Ukraine-Krieges ausgesprochen. «Wir sind uns als Linke einig, dass der Überfall auf die Ukraine zu verurteilen ist», sagte der Vorsitzende der Linksfraktion im hessischen Landtag, Jan Schalauske, am Samstag auf einem außerordentlichen Parteitag in Wetzlar. Die Folgen des russischen Angriffs seien schrecklich und verursachten «unendliches Leid». Waffenlieferungen lehne er jedoch klar ab, sagte Schalauske: «Wir brauchen keine Waffenlieferungen, sondern einen Einsatz für Diplomatie und Verhandlungen.»
Die Ablehnung des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ist auch Bestandteil des Landtagswahlprogramms, das am Abend auf dem Parteitag mit großer Mehrheit beschlossen wurde, wie die beiden Landesvorsitzenden Christiane Böhm und Jakob Migenda am Abend mitteilten. Schalauske und die Co-Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kula wollen sich bei einem weiteren Parteitag am 22. April in Flörsheim als Spitzenkandidat und -kandidatin zur Verfügung stellen.
Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Derzeit sitzen neun Linke-Abgeordnete im hessischen Parlament, bei der vorangegangenen Landtagswahl im Jahr 2018 hatte die Partei 6,3 Prozent der Wählerstimmen erreicht. Nach jüngsten Umfragewerten vom Oktober 2022 gilt es jedoch als unsicher, ob die Partei den Wiedereinzug in den Landtag schafft. Laut dem «Hessentrend» des Hessischen Rundfunks kam die Partei seinerzeit auf einen Wert von 3 Prozent der Stimmen, das war im Vergleich zum «Hessentrend» vom März vergangenen Jahres ein Rückgang von zwei Prozentpunkten.
Schalauske erklärte, seine Partei werde sich für die Schaffung von jährlich rund 10.000 Sozialwohnungen und einen öffentlichen Nahverkehr «zum Nulltarif» stark machen, um die Verkehrswende voranzubringen, die unter der schwarz-grünen Landesregierung stocke. Zudem dürften Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht in Privathände. Als Beispiel nannte Schalauske das Universitätsklinikum Gießen-Marburg: «Wir wollen dieses Klinikum in öffentliches Eigentum zurückholen.» Kula forderte zudem «klare Kante gegen Rechts» und die Abschaffung des gegliederten Schulsystems. Stattdessen solle es eine «Schule für alle im inklusiven Ganztag, und das überall in Hessen» geben.
Der außerordentliche Parteitag stand auch im Zeichen der Debatte um die Linke-Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht, die mit der Gründung einer neuen Partei liebäugelt. Linke-Chefin Janine Wissler sieht diese Spekulationen kritisch. Die Linke habe «ein gutes Programm, wir haben wichtige Ziele und das Kokettieren mit neuen Parteien finde ich da nicht hilfreich», sagte Wissler am Rande des Parteitags. Zugleich machte sie deutlich, sie kenne «keine genauen Pläne» und «keine Bestrebungen dahingehend».
Am Vortag war bekannt geworden, dass Wagenknecht nicht mehr für die Linke kandidieren will. Der «Rheinpfalz» sagte sie nach einer Meldung vom Freitag: «Eine erneute Kandidatur für die Linke schließe ich aus.» Sie wolle sich nach Ablauf der Legislaturperiode entweder aus der Politik zurückziehen und als Publizistin und Buchautorin arbeiten, «oder es ergibt sich politisch etwas Neues». Dazu sagte Wissler am Samstag: «Das ist ihre Entscheidung. Ich kommentiere das nicht.»
Wissler hatte sich zuletzt wiederholt von einer kürzlich von Wagenknecht und der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer organisierten «Aufstand für Frieden»-Demonstration distanziert. Die Teilnehmer daran kamen aus verschiedenen politischen Richtungen, nach AfD-Angaben waren auch zahlreiche ihrer Mitglieder vor Ort.
Am Samstag erklärte Wissler dazu: «Grundsätzlich finde ich das richtig und wichtig, dass Menschen auf die Straße gehen, um für Frieden zu demonstrieren, um deutlich zu machen, man ist solidarisch mit der ukrainischen Bevölkerung, und man fordert Friedensverhandlungen, das ist absolut notwendig.» Das Eintreten für Frieden und Verhandlungen sei auch «keine Parteinahme für Putin.» Russland müsse «diesen Krieg sofort beenden», forderte die Parteichefin, machte zugleich aber deutlich: «Das erreicht man nicht durch die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen.»