Hessen will Versammlungsrecht neu fassen

Wenn Rechtsradikale bei paramilitärischen Veranstaltungen andere Menschen einschüchtern wollen - dann wird laut Innenminister Beuth das Versammlungsrecht missbraucht. In der Novelle des Versammlungsfreiheitsgesetzes sollen mit einem Militanz-Verbot klare Grenzen gezogen werden.
Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). © Boris Roessler/dpa/Boris Roessler/dpa

Ein neu gefasstes hessisches Versammlungsrecht soll laut Innenminister Peter Beuth (CDU) eine friedliche Demonstrationskultur fördern. Mit dem geplanten hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz werde insbesondere die höchstrichterliche Rechtsprechung der zurückliegenden Jahrzehnte umgesetzt, erläuterte er am Dienstag im Landtag in Wiesbaden. Die Versammlungsfreiheit sei für die demokratische Willensbildung unverzichtbar.

«Gleichzeitig ist es aber auch erforderlich, Radikalen und Gewalttätern in diesem Kontext Grenzen aufzuzeigen», betonte Beuth. Es sei daher wichtig, Schutzmechanismen gegen den gezielten Missbrauch des Versammlungsrechts zu entwickeln. Verbot oder Auflösung der Versammlung sollen laut Gesetzentwurf zwar nur zulässig sein, wenn die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.

Beschränkungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung sollen aber möglich sein, erläuterte der Minister mit Blick auf rechtsextremistische Versammlungen und Aufzüge. «Diese weisen in der Praxis oft eine gefährliche Nähe zum Gedankengut der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft auf», sagte Beuth. Solche Versammlungen wollten «einschüchtern und das Unrechtsregime des Dritten Reichs oder seiner führenden Repräsentanten verharmlosen».

Ein neues Militanz-Verbot solle paramilitärische Veranstaltungen und solche Versammlungen unterbinden, die den Eindruck von Gewaltbereitschaft vermitteln, führte der Minister aus. Dazu diene auch das sogenannte Uniform-Verbot, das grundsätzlich beibehalten werden soll. Allerdings würden nur noch solche Uniformen erfasst, die einschüchtern sollen.

Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Ulrich Wilken, kritisierte, die Landesregierung habe den Gesetzentwurf «vergeigt». Er forderte eine Regelung, die zum Versammeln einlade, statt abzuschrecken. «Da es zwingend notwendige Einschränkungsmöglichkeiten geben muss, müssen diese klar und abschließend geregelt sein», sagte Wilken. Der Gesetzentwurf spiegele jedoch die von Misstrauen und Gefahrenverdacht geprägte Haltung der Behörden gegenüber Versammlungen wider.

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Hofmann, nannte es «allerhöchste Zeit», in Hessen ein Landesgesetz zum Versammlungsrecht einzuführen. Sie verwies darauf, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht schon 2006 vom Bund an die Länder übergegangen sei.

Nach den Worten des AfD-Abgeordneten Dirk Gaw müsse das Versammlungsrecht auf der einen Seite verhindern, «dass jede Versammlung per se als Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit begriffen wird». Auf der anderen Seite müsse aber konsequent gegen Störer vorgegangen werden, die friedliche Versammlungen behindern oder für ihre Zwecke instrumentalisieren.

«Der vorliegende Entwurf ist ein guter erster Aufschlag, aber drängende aktuelle Themen werden darin nicht geregelt», sagte der FDP-Innenexperte Stefan Müller. «Demonstrationen auf Autobahnen, aber auch Abseilaktionen von Autobahnbrücken müssen unterbunden werden. Sie stellen eine Gefährdung für Leib und Leben dar, die nicht zu verantworten ist.»

Der CDU-Abgeordnete Alexander Bauer verwies darauf, dass Versammlungen friedlich und waffenlos sein müssten. «Zu diesen Waffen werden auch Waffen gezählt im nicht-technischen Sinne. Also etwa Eisenstangen, Kampfhunde oder Beile oder bei strahlendem Sonnenschein vielleicht auch Regenschirme», sagte Bauer. Zudem sei es eine «traurige und langjährige Erfahrung» der Polizei, dass Vermummungen die Gewaltschwelle senkten. Diese sollen daher mit dem neuen Gesetz nicht nur auf der Demonstration selbst, sondern auch auf dem Weg dahin verboten werden.

© dpa
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