Prozess gegen Betreiber von Kinderpornografie-Plattform

Vier Männer sollen ein Online-Forum mit Hunderttausenden Nutzern zum internationalen Austausch von Videos und Bildern mit schwerer sexueller Gewalt an Kindern aufgebaut haben. Stunden braucht die Staatsanwaltschaft zum Prozessauftakt, um die Vorwürfe aufzuzählen.
Eine Statue der Justitia steht mit Waage und Schwert in der Hand. © Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Das Ausmaß schockiert auch erfahrene Ermittler: In Frankfurt hat der Prozess um die Online-Plattform «BoysTown» begonnen, über die mehr als 400.000 Nutzer weltweit jahrelang Fotos und Videos von teilweise schwerster sexueller Gewalt an Kindern ausgetauscht haben. Vor dem Landgericht müssen sich seit Mittwoch vier Männer verantworten, die die Plattform betrieben oder sich an deren Betrieb beteiligt haben sollen. Zwei von ihnen sollen zudem in mehr als 40 Fällen Kinder sexuell missbraucht haben.

Die Ermittler schalteten die Plattform im April vergangenen Jahres ab - nach ihren Erkenntnissen war es zu diesem Zeitpunkt die weltweit größte. Über eine Million Beiträge waren demnach seit der Gründung im Juni 2019 ausgetauscht worden. Es gab mehrere Unterkategorien sowie Tipps, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Die vier Angeklagten verdecken ihre Gesichter mit Aktenordnern, als sie am Vormittag den Gerichtssaal betreten. Unter ihnen sind ein 49-Jähriger aus dem Landkreis Mühldorf am Inn in Bayern und ein 60-Jähriger aus Norddeutschland, der zuletzt in Paraguay lebte. Sie sollen «BoysTown» im Sommer 2019 federführend aufgebaut haben.

Angeklagt sind zudem ein 41-Jähriger aus dem Landkreis Paderborn sowie ein 66-Jähriger aus Hamburg. Der 66-Jährige soll als eine der aktivsten Nutzer allein mehr als 3600 Beiträge bei «BoysTown» verfasst haben.

Unter den Inhalten, die die Angeklagten auch auf weiteren Plattformen verbreitet haben sollen, befinden sich laut Staatsanwaltschaft Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Angeklagten sollen teilweise auch Fotos und Videos selbst hergestellt haben. Ihnen wird bandenmäßiges Vorgehen zur Last gelegt.

Über Stunden lesen eine Vertreterin und ein Vertreter der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft die Vorwürfe vor, mehr als 400 Seiten umfasst die Anklageschrift. Demnach veröffentlichten die Männer Fotos und Videos von Vergewaltigungen und Szenen, für die Kinder und Jugendliche zu gegenseitigen sexuellen Handlungen gezwungen wurden, auch Kleinkinder wurden sexuell missbraucht. Meist handelt es sich um Jungen, auf einer Plattform wurden aber auch Fotos und Videos von sexueller Gewalt an Mädchen ausgetauscht.

Erreichbar waren die Online-Foren im Darknet, einem Bereich des Internets, der mit herkömmlichen Suchmaschinen nicht auffindbar ist. Die Angeklagten gaben sich den Ermittlungen zufolge Spitznamen wie «Putzi», «Phantom» oder «Don Dildo».

Während der langwierigen Aufzählung der Anklagepunkte hält einer der Angeklagten den Blick auf den Tisch vor sich gesenkt. Die anderen drei Männer blicken die Staatsanwälte an oder lassen ihren Blick durch den Raum schweifen. Sie tragen einen Mund-Nasen-Schutz, so dass ihre Mimik nicht erkennbar ist. Die vier Männer sitzen seit vergangenem Jahr in Untersuchungshaft.

Sebastian Zwiebel von der Zentralstelle für Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt berichtet am Rande der Verhandlung von jahrelangen, äußerst umfangreichen Ermittlungen angesichts des «sehr großen Ausmaßes» der Taten. «Es ist einer der größten Prozesse, die wir angestrengt haben», sagt Zwiebel. Gegen weitere Beteiligte an «BoysTown» werde noch ermittelt.

Anwalt Walter Schäfers, der einen der sexuell missbrauchten Jungen als Nebenkläger vertritt, sagt, seinem Mandanten gehe es bis heute schlecht. Er werde deshalb selbst nicht an der Verhandlung teilnehmen, soweit möglich, da ihn das noch einmal aufwühlen würde. «Er leidet noch heute», sagt der Anwalt. Die Täter hätten in besonderer Weise kriminell gehandelt und es sei den Ermittlern ein großes Lob auszusprechen, dass sie sie gestoppt und angeklagt hätten. Auch weitere Jungen lassen sich als Nebenkläger von Anwälten vertreten. Zu ihrem Schutz wurde die Öffentlichkeit während Teilen der Anklageverlesung ausgeschlossen.

© dpa
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