Entgegen den Bundestrend ist die Zahl der Geldautomatensprengungen in Hessen gesunken. Im laufenden Jahr waren es bisher 38 Fälle (Stand 15.12.), im Vorjahreszeitraum 51, wie das Landeskriminalamt (LKA) auf Anfrage in Wiesbaden mitteilte. In 6 Fällen blieb es beim Versuch, in 11 Fällen gelang die Sprengung, doch es wurde nichts gestohlen. 21 Sprengungen verliefen aus Sicht der Täter erfolgreich. Der Gesamtschaden stieg auf mehr als 6,5 Millionen Euro an - nach über 5 Millionen Euro im gesamten Vorjahr. Die Diebstahlsumme sank allerdings von rund 2,5 Millionen Euro auf rund 1,6 Millionen Euro.
Betroffen seien alle Regionen des Landes, am meisten Taten gab es aber in Nordhessen und Westhessen mit jeweils acht. Sorge bereite, dass die Täter inzwischen in mehr als 80 Prozent der Fälle feste Explosivstoffe benutzten. «Die skrupellosen Täter setzen mittlerweile überwiegend hochgefährliche Festsprengstoffe ein, die ganze Filialen zerstören und dabei rücksichtslos die Leben von unbeteiligten Dritten wie Anwohnern und Bankkunden gefährden», erklärte das LKA. Oft sei es nur vom Zufall abhängig, dass keine unbeteiligten Passanten oder Anwohner verletzt oder gar getötet würden.
In Hessen agierten regionale und überregionale Täter, die zumeist aus den Niederlanden stammten und eigens für die Taten nach Deutschland einreisten. Sie rasten anschließend mit hochmotorisierten Fahrzeugen auf der Autobahn davon.
Das LKA verweist auf Erfolge seiner seit 2019 intensivierten Arbeit in dem Bereich. Mehr als 50 Tatverdächtige hätten ermittelt werden können, 20 Personen seien rechtskräftig verurteilt worden. Erst vergangenen Mittwoch hatte die Polizei die Festnahme von sieben mutmaßlichen Mitgliedern einer auf Geldautomatensprengungen und Drogenhandel spezialisierten Bande aus dem Rhein-Main-Gebiet bekanntgegeben. Die Zufahrt zum Tatort sollen sie mit brennenden Autos versperrt haben.
Für kommende Woche hat die Polizei abgestimmte Kontrolltage in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen angesetzt, um potenzielle Täter abzuschrecken. Vom 19. bis 21. Dezember würden Geldautomaten und überregionale Reiserouten vermehrt überwacht, kündigte das LKA an.
Im Mai 2022 war in Hessen die «Allianz Geldautomaten» von Polizei und Banken gegründet worden. Dabei geht es um Prävention an Standorten, für die das Risiko besonders hoch ist. Zur Einschätzung würden datenbasierte Analysen eingesetzt, erklärte das LKA. Zu den vorbeugenden Maßnahmen zählen laut Innenministerium Videoüberwachung, Schließzeiten über Nacht und Einfärbeschutz der Scheine.
Schließzeiten über Nacht hätten inzwischen die meisten Sparkassen eingeführt, erklärt der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen. Auch weitere Präventionsmaßnahmen würden je nach Risikoanalyse eingesetzt. Vereinzelt seien Geldautomaten abgebaut worden, beispielsweise in Gewerbegebieten, wo es zwar tagsüber eine große Nachfrage gebe, die aber nachts einsam seien. Die Zusammenarbeit mit der Polizei sei ein vernünftiger und richtiger Ansatz, sagt Verbandssprecher Matthias Haupt. Um eine Bilanz über die Wirksamkeit zu ziehen, sei es allerdings noch zu früh.