Die von den Folgen der Corona-Pandemie gebeutelte Musikbranche blickt einer Stichprobe der Deutschen Presse-Agentur zufolge optimistisch ins kommende Jahr. Demnach zeigt sich die Mehrheit der befragten Konzertveranstalter und Opernhäuser in Hessen zuversichtlich, dass das Publikum wieder zunehmend die Vorstellungen besucht. Mit einer echten Rückkehr zur Normalität sei jedoch frühestens in zwei bis drei Jahren zu rechnen, schätzen Kulturmanager.
«Ich denke, dass es ein langer Weg werden wird, bis wir wieder bei der Auslastung von Prä-Pandemie-Zeiten sind. Dieser Weg zurück wird wahrscheinlich auch nicht unbedingt gerade verlaufen», vermutet etwa hr-Musikchef Michael Traub, der unter anderem für die landesweit stattfindenden Konzerte des hr-Sinfonieorchesters und der hr-Bigband verantwortlich ist.
«Wir glauben, dass es noch länger dauert, bis eventuell wieder ein Normalzustand erreicht wird. Drei bis fünf Jahre, wenn alle Faktoren gut zusammenspielen, klingt für uns realistisch», meint auch der Geschäftsführer der BB Promotion GmbH, Matthias Mantel. Das in Mannheim ansässige Unternehmen organisiert international Theater-, Tanz- und Konzertproduktionen sowie Musical-Tourneen - etwa in der Alten Oper Frankfurt.
Deren Intendant Markus Fein beobachtet zwar auch, dass «das Publikumsinteresse Monat für Monat spürbar wächst». «Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass wir alle im Kulturbereich noch nicht dort sind, wo wir waren», sagt er. Corona sei «aus dem Fokus der Medien geraten, die Besucher fassen wieder Vertrauen und müssen nicht länger mit Lockdowns rechnen, der Durst nach Live-Veranstaltungen ist groß».
Die Zahlen scheinen die Hoffnungen zu bestärken: So rechnet etwa die Oper Frankfurt für den Zeitraum November 2022 bis Februar 2023 mit einer Auslastung von rund 80 Prozent - und damit nur zehn Prozentpunkte weniger als zwischen November 2019 und Februar 2020. «Wir stellen mit Freude fest, dass beispielsweise unsere Neuproduktionen in obigem Zeitraum in dieser Spielzeit fast ausverkauft sind und wir somit wieder das Niveau vor Corona erreicht haben», sagt deren Intendant Bernd Loebe.
Auch andere Veranstalter registrieren ein zuletzt deutlich gestiegenes Publikumsinteresse. «Wir sind sowohl bei den Meisterkonzerten Wiesbaden als auch mit der Konzertreihe Pro Arte Frankfurt mit ausverkauften Konzerten in die Saison 2022/2023 fulminant gestartet», berichten die Pro Arte Frankfurter Konzertdirektion GmbH und die Wiesbaden Musik GmbH des Musikmanagers Michael Herrmann, der auch das Rheingau Musik Festival leitet. Herrmann spricht von einer «sehr positiven Entwicklung nach den letzten beiden herausfordernden Jahren».
Sehr kleine Veranstalter - wie etwa die Frankfurter Bürgerstiftung, die im Holzhausenschlösschen im Zentrum von Hessens größter Stadt Konzerte anbietet - geben sich sogar noch optimistischer. «Unsere Veranstaltungen aktuell sind mindestens so gut besucht wie vor Corona, alle fünf Konzerte mit dem Aris Quartett waren zum Beispiel ausverkauft», schwärmt der Geschäftsführer der Stiftung, Clemens Greve. Auch die Kinderkonzertlesungen seien bis in den Januar hinein ausverkauft.
Doch selbst wenn sich eine Rückkehr andeutet, Corona hat nach Einschätzung der Veranstalter in einer ganz anderen Art und Weise Spuren hinterlassen: «Was sich geändert hat, ist das Kaufverhalten. Die Zahl der Abonnenten ist noch nicht wieder auf dem alten Niveau angekommen, dafür werden aber mehr Karten im regulären Vorverkauf abgesetzt», berichtet Loebe. «Die Leute buchen im Moment einfach viel kurzfristiger», sagt Traub. Ein Wandel, auf den man reagieren müsse.