«Nicht alle «Reichsbürger» sind Rechtsextremisten, aber die Überschneidungen sind schon recht groß und ideologische Fragmente der extremen Rechten spielen in dieser Szene eine große Rolle», sagte Singelnstein. Aus der Forschung wisse man bisher nur wenig zum Thema Radikalisierungsprozesse in Sicherheitsbehörden. «Die extreme Rechte ist heute weniger isoliert, ihre Positionen finden sich teilweise bis in die politische Mitte hinein - und das lässt auch in der Polizei die Grenzen verschwimmen», sagte der Wissenschaftler. «Niemand kann genau sagen, ob es mehr solcher Netzwerke gibt, wie groß die Überschneidungen von extremer Rechter und Polizei oder Bundeswehr wirklich sind.»
Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für die Polizei und andere Sicherheitsbehörden, deren Mitglieder etwa Dienstwaffen haben? «Bei der Personalauswahl im Rahmen der Einstellung könnte genauer ausgewählt werden, etwa mittels Persönlichkeitstests», meinte Singelnstein. In der Ausbildung müssten die Themen Rassismus und Rechtsextremismus eine größere Rolle spielen.
Das eigentliche Problem sei eher die Praxis: «Man muss gewährleisten, dass Konsequenzen gezogen werden, wenn Leute als problematisch auffallen. Das heißt vor allem für die mittlere Führungsebene der Dienstgruppenleiter und deren Vorgesetzte, dann einzuschreiten und was zu tun. Fehlt es daran, kann es passieren, dass sich ganze Dienstgruppen verselbstständigen und abdriften.»
Die «Reichsbürger»-Gruppe, gegen die sich die Razzia am Mittwoch gerichtet hatte, steht nach Angaben der Bundesanwaltschaft im Verdacht, eine terroristische Vereinigung gebildet zu haben, die mit Waffengewalt eine neue Regierung installieren wollte und auch Tote in Kauf genommen hätte. Ein mutmaßlicher Rädelsführer wurde in Frankfurt festgenommen. Insgesamt wurden 25 Verdächtige festgenommen.