Angesichts der Energiekrise und steigender Inflation hat der Landesrechnungshof die Kommunen in Hessen eindringlich dazu aufgerufen, ihre Ausgaben genau im Blick zu behalten. «Es ist erfreulich, dass die hessischen Kommunen so einnahmestark sind, aber sie sind auch stark bei den Ausgaben», erklärte Präsident Walter Wallmann am Freitag bei der Präsentation des jüngsten Kommunalberichts in Wiesbaden.
Gerade mit Blick auf die steigenden Energiekosten müssten Landkreise, Städte und Gemeinden konsequent selbstgesetzte Standards hinterfragen. Dazu zählten etwa die Betreuungsrelationen in Kindergartengruppen sowie freiwillige Leistungen wie Weihnachtsbeleuchtungen oder Wassertemperaturen in den Bädern, sagte Wallmann. Andernfalls könnten womöglich die Einnahmen künftig nicht ausreichen, die inflationsbedingt steigenden Ausgaben zu decken.
Wallmann mahnte, die Kommunen seien von vielen Krisen mit gewaltigen Unsicherheiten betroffen. Neben der Energiekrise seien dies unter anderem die Corona-Pandemie, die Klimakrise, eine drohende Finanzkrise und wachsende Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen.
Dank sprudelnder Gewerbesteuer haben die hessischen Kommunen 2021 insgesamt im Kernhaushalt 412 Millionen Euro mehr eingenommen als ausgegeben, wie der Landesrechnungshof erläuterte. Beinahe zwei Drittel (62 Prozent) der Kommunen in Hessen konnten einen Überschuss verzeichnen - den höchsten verbuchte Marburg mit 361 Millionen Euro. Das größte Defizit entfiel auf Darmstadt mit einem Minus von 95 Millionen Euro.
Die hessischen Kommunen hätten im Jahr 2021 in der Gesamtheit gut dagestanden, erläuterte Wallmann. «Das war allerdings vor der sogenannten Zeitenwende und darf uns nicht blenden.» Wie die künftigen Kommunalfinanzen aussehen, sei schwer zu prognostizieren. «Deshalb empfehlen wir, alle Risiken in den Blick zu nehmen, Einnahmen vorsichtig zu planen und die Inflation mit einzukalkulieren.»
Die Ausgaben der Kommunen lagen 2021 bei rund 25 Milliarden Euro, wie aus dem Rechnungshofbericht hervorgeht. Damit habe Hessen im Flächenländervergleich laut Bundesstatistik mit rund 4190 Euro je Einwohner die zweithöchsten Ausgaben verzeichnet - nach Nordrhein-Westfalen. Größter Posten sind die Personalausgaben.
Im Jahr 2021 arbeiteten insgesamt rund 127.000 Männer und Frauen in Voll- oder Teilzeit für die hessischen Kommunen. 45 Prozent davon seien 50 Jahre oder älter gewesen, erläuterte der Rechnungshof. «Das bedeutet, dass in den nächsten 10 bis 15 Jahren fast die Hälfte der kommunalen Beschäftigten altersbedingt in den Ruhestand eintreten werden.»
Wegen des Fachkräftemangels werde es schwierig, die Stellen nachzubesetzen, mahnte Wallmann. «Die Kommunen müssen entsprechend reagieren und neue Wege gehen: Interkommunale Zusammenarbeit, Digitalisierung, Mitarbeiterförderung, Flexibilisierung der Arbeit sowie ein positives Image als Arbeitgeber sind mögliche Lösungen.»
Mit Blick auf die demografische Entwicklung warnte der Rechnungshof auch vor Personalengpässen bei der freiwilligen Feuerwehr. Nur 5 von 18 geprüften Kommunen würden voraussichtlich bis zum Jahr 2025 in der Lage sein, die aus Altersgründen ausscheidenden Einsatzkräfte durch Nachwuchs aus der Jugendfeuerwehr zu ersetzen.
Eine Prüfung des Rechnungshofs bei kleinen Gemeinden habe ergeben, dass bei vielen die gesetzlich vorgegebene Hilfsfrist von zehn Minuten nicht zu jeder Zeit gewährleistet gewesen sei. Wallmann erläuterte, dass dies haftungsrechtliche Folgen haben könnte. Er betonte, auch der ländliche Bauernhof müsse geschützt werden.
«Die Kommunen müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, um das Ehrenamt für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv zu halten», sagte Wallmann. Dies könne etwa durch Anreize wie kostenlosen Eintritt in kommunale Einrichtungen oder die Förderung des Lkw-Führerscheins gelingen.
Nachbesserungsbedarf sahen die Experten bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, wonach die Kommunen bis Ende 2022 eigentlich alle - mehr als 500 - onlinefähigen Leistungen der Verwaltung digitalisiert und über Portale im Internet bereitstellen sollen. Dieses Ziel werde verfehlt. Die Prüfung des Rechnungshofes habe ergeben, dass Hessens Kommunen bislang nur zwischen 6 und 77 Leistungen digital anboten.