Der hessische Landesrechnungshof hat das Land aufgefordert, die Digitalisierung voranzutreiben und für eine wirksamere Aufsicht in den Ministerien zu sorgen. Präsident Walter Wallmann mahnte am Freitag in Wiesbaden in seinem Bericht zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes aber auch an, die Gebühren für Polizeieinsätze für bessere Staatsfinanzen kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Die Polizei erhebe jährlich in 60 bis 100 Fällen Gebühren für Polizeieinsätze wegen Straßenblockaden, durch Hochzeitskorsos oder wegen des Tragens von Waffenattrappen in der Öffentlichkeit, wie es etwa bei Dreharbeiten von Musikvideos immer häufiger vorkomme. Die Verursacher für die «grob fahrlässige Alarmierung oder grob fahrlässige Veranlassung einer Alarmierung» hätten dafür bislang eine pauschale Gebühr von 200 Euro zahlen müssen, erklärte Wallmann. Das decke jedoch nicht die Kosten des Einsatzes.
So seien in einem Fall etwa 30 Polizisten im Einsatz gewesen, weil eine Person in einer U-Bahn mit einer Softairwaffe-Pistole hantierte. Wäre dieser Einsatz nach Zeitaufwand berechnet worden, wären für den Verursacher nicht 200, sondern 3900 Euro fällig gewesen, mahnte der Präsident. Das Innenministerium habe die Hinweise für eine neue Berechnung der Gebühren bereits aufgegriffen.
Kritik kam von Hessens oberstem Kassenprüfer auch am Verfahren für die Corona-Soforthilfen des Landes für viele kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige. Um das Verfahren möglichst schnell und unbürokratisch abzuwickeln, hätten sich die Regierungspräsidien bei der Bearbeitung auf eine Plausibilitätsprüfung der Antragsangaben beschränkt. Bei nachträglichen Stichproben sowie der Prüfung von Zufallsstichproben durch das Finanzamt habe es dann deutlich weniger Bewilligungen und auch die Zurückforderung von Geld gegeben.
«Es ist gut, dass das Land schnell und möglichst unbürokratisch helfen wollte», betonte Wallmann. Die Regierungspräsidien hätten bei der Plausibilitätskontrolle mangels Datenzugriff auf Informationen der Steuerverwaltung aber nur sehr grobe Fehler erkennen können. Durch eine deutlich bessere Vernetzung der staatlichen Register könnten generell die Missbrauchsrisiken sowie die Verfahrenskosten deutlich minimiert werden, betonte Wallmann.
Der Präsident verwies auch auf Mängel bei der IT-Sicherheit im Justizbereich in Hessen. Ein einheitliches und dokumentiertes Sicherheitsvorfall-Management gebe es nicht. Die Serverräume seien ungesichert und würden teilweise zusätzlich als Lager genutzt. Die Informationssicherheitsbeauftragten seien über ihre Aufgaben weitgehend nicht hinreichend informiert und ausgebildet. Es müsse eine veränderte Aus- und Fortbildung sowie neue Strategien für die Fachkräftegewinnung geben.
Wallmann kritisierte auch den Umgang mit Kunst- und Kulturobjekten des Landes im Zuge der Sanierung des Landesmuseums in Darmstadt. Rund 70 bis 90 Prozent der Objekte seien deswegen ausgelagert und dafür zum Teil Industrielagerhallen angemietet worden. Da die Baumaßnahme nicht wie geplant abgeschlossen werden konnte, habe das Landesmuseum die Mietverträge jahrelang verlängern müssen. Die Mietkosten beliefen sich auf mehr als 13 Millionen Euro.
Durch die nicht perfekte Verpackung und Lagerung der Kunst- und Kulturobjekte sei es zu zahlreichen Schäden durch Schädlingsbefall gekommen. Zudem seien mehrere Kunstobjekte mit Millionenwert nicht mehr auffindbar. Das Wissenschaftsministerium hätte frühzeitig für eine sachgerechte Lagerung während der Sanierung sorgen und bei den aufgetretenen Verzögerungen schnell reagieren müssen, kritisierte der Landesrechnungshofpräsident.
Deutlichen Nachbesserungsbedarf sah der Experte auch bei der Umsetzung des Gesetzes, nach dem die Kommunen bis Ende 2022 alle onlinefähigen Leistungen der Verwaltung digitalisiert und über Portale im Internet bereitstellen sollen. Von diesen Leistungen seien derzeit nur rund zwei Drittel tatsächlich verfügbar. Teilweise müssten online gestellte Anträge trotzdem noch händisch unterschrieben oder Anlagen in Papier nachgereicht werden.
Es mangele gerade auf kommunaler Ebene an Personal für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Außerdem gebe es für die Nutzung des Onlineangebots der Verwaltung noch immer zu viele weiße Flecken bei der Versorgung mit schnellem Internet in Hessen. Das Land müsse deshalb gerade auf die Kommunen in den ländlichen Gebieten mehr zugehen, um das zu ändern, forderte Wallmann.
Der Rechnungshofpräsident mahnt zudem weitere Maßnahmen als Konsequenz aus dem Korruptionsfall bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt an. Nach den Ermittlungen gegen einen Oberstaatsanwalt, der überteuerte und teilweise überflüssige Gutachten in Auftrag gegeben und dafür Bestechungsgelder kassiert haben soll, seien viele Schritte für mehr Schutz vor Korruption erfolgt.
Das Justizministerium und die Generalstaatsanwaltschaft seien aber dennoch in der Pflicht, künftig genauer hinzusehen und wirksame Kontrollen durchzuführen, forderte Wallmann. Zudem sollten sie umgehend die besonders korruptionsgefährdeten Arbeitsgebiete in der Justiz identifizieren, um wirksame Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.