Vertreter der Opposition im hessischen Landtag haben der Landesregierung vorgeworfen, Bundesmittel für die Versorgung von Geflüchteten nicht vollständig an die Kommunen weiterzuleiten. «Die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Menschen, die vor Krieg, Folter, Not und Gewalt flüchten müssen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe», sagte der Fraktionsvorsitzende Günter Rudolph am Donnerstag in Wiesbaden. «Den allergrößten Teil dieser Aufgabe müssen die Landkreise, Städte und Gemeinden bewältigen, wo haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Menschenmögliche tun.»
Dass die Landesregierung in dieser Situation die hessischen Kommunen dazu zwinge, mit ihr um das Geld vom Bund zu feilschen, sei unwürdig, sagte Rudolph. Er erläuterte, dass von den 262 Millionen Euro, die der Bund im Jahr 2022 für die Unterbringung und Versorgung der Geflüchteten an Hessen gezahlt habe, nur 186 Millionen Euro an die hessischen Kommunen gegangen seien. Von den 205 Millionen Euro aus Berlin, die für 2023 geplant seien, werde voraussichtlich nur die Hälfte den Kommunen zugutekommen.
Der kommunalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Thomas Schäfer, sagte: «Die Kommunen tun an der vordersten Linie alles dafür, dass die Geflüchteten untergebracht werden und die Integration funktioniert, aber ihnen fehlt die notwendige Unterstützung.» Es sei wichtig, dass das Land das Geld, das vom Bund für die Unterbringung Geflüchteter gezahlt werde, eins zu eins an die Kommunen weiterreiche, forderte Schäfer. «Die Landesregierung muss ihrer Aufgabe gerecht werden. Bislang macht sie zu wenig.»
Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) wies die Vorwürfe zurück. Die Behauptung, dass das Land die Kommunen schlecht behandele, sei falsch. Die Opposition verdrehe die Zahlen. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Bauer, warf den Sozialdemokraten vor, eine Scheindebatte zu führen. Die gesamten finanziellen Aufwendungen des Landes zur Unterstützung der Kommunen betrügen allein für die Jahre 2023/2024 insgesamt rund zwei Milliarden Euro, während der Bund nicht einmal 300 Millionen Euro für Hessen bereitstellen werde.
Hessens Kommunen stoßen bei der Unterbringung von Geflüchteten zunehmend an ihre Grenzen. Es mangelt an Wohnraum, Geld und Personal. Der Hessische Städte- und Gemeindebund hatte zuletzt mehr Hilfe von Bund und Land gefordert.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Mathias Wagner, rief dazu auf, das Thema Geflüchtete nicht «zum Gegenstand des heraufziehenden Landtagswahlkampfs» zu machen. Die Geflüchteten und die demokratischen Parteien könnten dabei nur verlieren, sagte er. Gegenseitige Schuldzuweisungen - egal von wem - würden nicht weiterhelfen. Auch die CDU wisse zudem, dass Geld allein nicht alle Herausforderungen bei der Flüchtlingsunterbringung löse, sagte Wagner. «Sie weiß, dass Rückführungsabkommen mit den Herkunftsstaaten leichter gefordert als tatsächlich umgesetzt sind.»
Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Saadet Sönmez, erklärte: «Anstatt die aktuelle Situation zu parteipolitischen Zwecken zu missbrauchen, sollten SPD und CDU auf den jeweiligen Regierungsebenen lieber an Lösungen arbeiten, die den Kommunen mit Blick auf die Aufnahme und Versorgung von Schutzsuchenden tatsächlich weiterhelfen.» Bund und Länder müssten sich endlich auf eine verlässliche Finanzierung der flüchtlingsbezogenen Kosten einigen und den Kommunen Planungssicherheit geben.
Der AfD-Fraktionsvorsitzende Robert Lambrou forderte eine «Zeitenwende in der Migrationspolitik». Es sei unter anderem nötig, genau hinzuschauen, wer Hilfe brauche und wer nicht. Menschen, die sich unrechtmäßig in der Bundesrepublik aufhielten, müssten konsequent zurückgeführt werden, erklärte Lambrou.