Die Regierungsparteien CDU und Grüne in Schleswig-Holstein haben einer Umfrage zufolge in der Wählergunst verloren. Wäre am Sonntag Landtagswahl, käme die CDU von Ministerpräsident Daniel Günther auf 38 Prozent, 5,4 Punkte weniger als zur Wahl im Mai 2022. Die Grünen landen mit minus 1,3 Punkten bei 17 Prozent. Dies ergab eine am Donnerstag veröffentlichte repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag von NDR Schleswig-Holstein (1160 Befragte).
Dennoch ist gut zwei Wochen vor der Kommunalwahl eine große Mehrheit mit der Arbeit der Regierung zufrieden: 65 Prozent zeigten sich zufrieden oder sehr zufrieden. Das ist im Vergleich zur Jamaika-
Vorgängerin etwas geringer, aber ein bundesweiter Spitzenplatz.
Die SPD verliert 1,0 Punkte und steht nun bei 15 Prozent. Ein Zuwachs um 1,6 Punkte auf 8 Prozent verbucht die FDP. Der SSW legt um 1,3 Punkte auf 7 Prozent zu. Für die landespolitisch bedeutungslose AfD würden sich laut Umfrage 8 Prozent entscheiden. Bei der Wahl 2022 war sie mit 4,4 Prozent an der 5-Prozent-Hürde gescheitert.
Beliebtester Politiker bleibt mit klarem Abstand Ministerpräsident Günther mit einem Zustimmungswert von 69 Prozent. Das sind 6 Punkte weniger als zur Landtagswahl. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) fällt um 9 Punkte auf 35 Prozent. Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) kommt auf 33 Prozent, Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) auf 30. Mit Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD) sind mehr Befragte unzufrieden (29 Prozent) als zufrieden (24).
Die Arbeit der CDU befürworten 55 Prozent - minus 6. Die Grünen büßen 16 Punkte ein und landen bei 37 Prozent. Aus der Opposition steht der SSW mit 43 Prozent am besten da, vor SPD (32) und FDP (27).
Der Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen sieht für die CDU eine Normalisierung nach außerordentlich guten Zahlen zur Wahl 2022. «Die Honeymoon-Phase von Schwarz-Grün ist vorbei, stattdessen erleben die Menschen die Regierung im Alltag, der notwendig grauer ist als die Liebesheirat, von der die Koalitionspartner einmal gesprochen haben.» Günther schaffe es nicht mehr so gut wie in der vorherigen Wahlperiode, sich als eine Person zu präsentieren, die über den Kontroversen der Koalition stehe. «Die AfD profitiert davon, dass sie wieder mobilisieren kann, und zwar mit der wirtschaftlichen Unsicherheit vieler Menschen und gegen den Zuzug von Geflüchteten.»
Für die Nord-CDU habe es in den vergangenen 15 Jahren keine besseren Umfrageergebnisse gegeben, kommentierte deren Generalsekretär Lukas Kilian. «Schwarz-Grün in Kiel ist das Gegenteil der zerstrittenen Chaos-Ampel in Berlin, die uns jeden Tag vermittelt, dass jede der Koalitionsparteien völlig unterschiedliche Auffassungen darüber hat, wie das Land weiter vorangebracht werden soll.» Günther werde in den letzten zweieinhalb Wochen bis zur Kommunalwahl weiterhin im ganzen Land unterwegs sein und dafür kämpfen, dass die CDU «in jedem Kreis und in jeder Kommune als stärkste Kraft aus der Wahl» hervorgeht.
«Wir sind zufrieden, denn wir sind stabil auf hohem Niveau, obwohl wir mit unseren Themen gerade wirklich im Wind stehen», sagte die Grünen-Landesvorsitzende Anke Erdmann. «Die Umfrage zeigt, dass wir mit bezahlbarem Wohnen für alle, mit kostengünstiger, unkomplizierter und gut vernetzter Mobilität in Stadt und Land sowie mit besseren Kitas und Schulen genau auf die richtigen Themen setzen», sagte SPD-Landeschefin Serpil Midyatli. Schwarz-Grün habe keine Antworten auf die großen Fragen.
Die 8 Prozent der FDP wertete der Landesvorsitzende Oliver Kumbartzky als «soliden Zwischenstand». Dass die Zustimmung zur Regierungsarbeit binnen kurzem erheblich gesunken sei, überrasche nicht. «Bei so wichtigen Themen wie Mobilität, Infrastruktur und bezahlbarer Wohnraum agieren Günther und Co. ideen- und planlos, oftmals sogar zerstritten.» Die Koalition habe keine gemeinsame Strategie für das Land.
SSW-Fraktionschef Lars Harms sieht im Umfragehöchststand für seine Partei echten Rückenwind für die Kommunalwahl. Der SSW stelle die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt der Politik, statt sie zu bevormunden. «Ich kann mich nicht hinstellen und den Leuten sagen: "Morgen nehme ich dir die Heizung weg und übermorgen das Auto."»
59 Prozent der Befragten gaben an, sich stark oder sehr stark für die Kommunalwahl am 14. Mai zu interessieren. Als vordringlich zu lösende Probleme benannten 43 Prozent das Feld Mobilität und Verkehr. Mit 22 Prozent folgte das Thema Wohnen und Mieten. 74 Prozent stuften das Angebot an bezahlbarem Wohnraum als weniger gut oder schlecht ein.