Der Angeklagte habe dem 23-Jährigen nachts im Hausflur aufgelauert und mindestens fünfmal geschossen, als dieser sich weigerte, die Wohnungstür aufzuschließen. Einen tödlichen Schuss konnte der 23-Jährige demnach gerade noch vermeiden, weil er die auf seinen Oberkörper gerichtete Waffe im letzten Moment wegdrückte. Er erlitt einen Handdurchschuss, Schüsse ins Bein und die Hüfte. Wäre die Beinschlagader getroffen worden, wäre der Schuss vermutlich tödlich gewesen, sagte der Ankläger.
Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung und weitere Delikte zur Last. In das Strafmaß bezog der Staatsanwalt auch Freiheitsberaubung und Körperverletzung des Sohnes der Ex-Frau ein, mit der der Mann ihre Rückkehr und Unterwerfung habe erzwingen wollen. Der zum Teil geständige Angeklagte habe in der Ehe schwerste Gewalttaten verübt und die Frau und deren Familie immer wieder mit dem Tod bedroht. Ein Gewaltschutzabkommen habe er immer wieder missachtet.
Die Anwältin, die die Frau als Nebenklägerin vertrat, sprach von einem extrem gewalttätigen und hemmungslosen Mann. Die inzwischen rechtskräftig geschiedene Frau sei Hochrisikoperson und eigentliches Ziel der Schüsse gewesen. Sie drohte Opfer eines Femizids zu werden, sagte die Anwältin. Sie stellte keinen konkreten Antrag. Der Rechtsanwalt des Geschädigten forderte acht Jahre Haft.
Die Verteidigung ging dagegen nur von gefährlicher Körperverletzung aus. Sie will eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren für den in Untersuchungshaft sitzenden Angeklagten. Das Urteil wird am 9. Februar erwartet.