Die Diakonie Schleswig-Holstein startet ihr Winternotprogramm. Oberstes Ziel sei es, Menschen ohne Obdach vor dem Erfrieren zu schützen. Die Situation wohnungsloser Menschen sei schlimm und sie werde schlimmer, sagte Diakonievorstand und Landespastor Heiko Naß bei der Vorstellung des Programms am Freitag. «Es besteht dringender Handlungsbedarf.» Die meisten Plätze seien bereits belegt. Steigende Lebenshaltungskosten machten die Lage für die Betroffenen noch schwieriger.
Naß begrüßte, dass die Landesregierung ihren Anteil am Winternotprogramm in diesem Jahr auf 50.000 Euro mehr als verdoppelt habe. Zu dem Programm gehören unter anderem zusätzliche von der Diakonie betreute Schlafplätze in Containern, erweiterte Öffnungszeiten in Betreuungs- und Beratungsstellen und die Ausgabe von Isomatten, Schlafsäcken, Schuhen sowie warmer Kleidung.
Genaue Zahlen, wie viele Menschen auch im Winter in Schleswig-Holstein im Freien übernachten, gibt es nicht. Alleine für Kiel liege die Schätzung bei 50 bis 60 Personen, sagte Diakonie-Referentin Kathrin Kläschen. Nach einer Erhebung waren am Stichtag 31. Januar 2022 mehr als 8500 Menschen in Schleswig-Holstein ordnungsrechtlich untergebracht. Das heißt, ihnen wurde von den Kommunen Platz in Wohnungen, Hotels, Wohncontainern oder ähnlichem gewährt.
Claudia Engelmann vom Deutschen Institut für Menschenrechte betonte, dass die Kommunen verpflichtet seien, Menschen ohne Obdach unterzubringen. Dabei würden allerdings die Grund- und Menschenrechte oftmals nicht beachtet, etwa der Schutz der Privatsphäre, das Recht auf Bildung oder das Recht auf Gesundheit. Ziel müsse es sein, die ordnungsrechtliche Unterbringung so kurz wie möglich zu halten. Allerdings betrage die Unterbringungszeit in rund 60 Prozent der Fälle mehr als zwei Jahre, weil es an Wohnungen fehle. «Die Kommunen dürfen nicht alleine gelassen werden», forderte Engelmann.
Naß forderte, das Grundübel zu beseitigen. «Wir benötigen mehr bezahlbaren Wohnraum und akut endlich ausreichend und angemessen ausgestattete Notunterkünfte, damit Wohnungslose menschenwürdig untergebracht werden können.» Verbindliche Mindeststandards seien nötig.