Schleswig-Holstein und die Landeshauptstadt Kiel planen mit der von Russlands Angriffskrieg schwer betroffenen ukrainischen Region Cherson und der gleichnamigen Gebietshauptstadt Solidarpartnerschaften. «Schleswig-Holstein steht seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs vor knapp 16 Monaten fest an der Seite der Ukraine», sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Mittwoch in Kiel.
Seitdem habe das Land knapp 34.000 Menschen aus den umkämpften Gebieten aufgenommen, darunter mehr als 7000 Kinder und Jugendliche. Die Solidarpartnerschaft mit der Region solle mittel- und langfristig zu einer klassischen Partnerschaft weiterentwickelt werden. Russland hält durch seinen Krieg weite Teile des südukrainischen Gebiets besetzt. Die Region ist infolge der Zerstörung des wichtigen Kachowka-Staudamms zudem schwer überflutet.
Die Solidarpartnerschaft könne schon in nächster Zeit mit Leben gefüllt und später mit gegenseitigen Besuchen und Unterstützung ausgebaut werden, sagte Günther am Rande eines Empfangs mit Wirtschaftsvertretern. Unternehmen aus dem Norden könnten künftig in der Ukraine investieren. Solidarität und Hilfsbereitschaft mit der Ukraine seien in Schleswig-Holstein besonders groß. Günther hob Gemeinsamkeiten hervor: Lage am Meer, maritime Industrie, erneuerbare Energien und starke Landwirtschaft, die in der Region Cherson derzeit aber wegen der Staudamm-Zerstörung brachliege.
Landesregierung und Landtag haben die Pläne mit dem ukrainischen Botschafter Oleksii Makeiev beraten, der derzeit in Kiel zu Gast ist. «Die Solidarpartnerschaft zwischen dem Bundesland Schleswig-Holstein und dem Oblast Cherson eröffnet ein neues Kapitel in den bilateralen Beziehungen zwischen dem deutschen Norden und dem ukrainischen Süden», sagte Makeiev.
Es gehe nicht nur um Mitleid und Solidarität, sondern um den Wiederaufbau in der Zukunft. Die Region und die Stadt Cherson litten «nach der schrecklichen russischen Sprengung des Staudamms». Sehr viele Menschen hätten ihr Leben verloren. «In den überfluteten Gebieten hat man den Agrarsektor erheblich zerstört.»
Nach Befreieung aller Gebiete werde die Ukraine politische, aber auch wirtschaftliche Unterstützung brauchen. Er habe Wirtschaftsvertreter aus Schleswig-Holstein ermuntert, in der Ukraine zu investieren und mit der Ukraine zu handeln, sagte Makeiev. Hilfe sei wichtig, aber Handel habe Deutschland stark gemacht und werde die Ukraine stärker machen. «Es gibt schon Unternehmen hier in Schleswig-Holstein, die aktiv in der Ukraine arbeiten und Pläne haben.»
Es gehe künftig nicht nur aum Austausch und Besuche, sondern hoffentlich bald auch um gelebte Wiederaufbauhilfe, sagte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD). Es gebe zum Beispiel schon erste Kontakte zwischen den agrarwissenschaftlichen Fakultäten in Kiel und Cherson.
Die geplante Solidargemeinschaft tragen Landesregierung und Landtag gemeinsam. «Unsere Solidarpartnerschaft mit der Ukraine ist das richtige Signal zur rechten Zeit», sagte Landtagspräsidentin Kristina Herbst (CDU). «Dass wir uns als Parlament ganz bewusst an die Seite der Menschen in der Oblast Cherson stellen, ist ein klares Bekenntnis dazu, dass das Recht des Stärkeren kein akzeptables Mittel der Politik ist.»
Die Menschen in Cherson seien sehr kämpferisch und freiheitsliebend, sagte Generalkonsulin Iryna Tybinka. Dies verbinde beide Regionen.