Der Hamburger Hauptbahnhof und weitere Bereiche um ihn herum werden ab dem 1. Oktober zu einer dauerhaften Waffenverbotszone. Das kündigte Innensenator Andy Grote (SPD) am Donnerstag an. Außerdem solle die Videoüberwachung im Bahnhofsumfeld ausgeweitet werden, um die Kriminalität in diesem Schwerpunktbereich weiter einzudämmen.
Für die seit April im Rahmen der «Allianz sicherer Hauptbahnhof» laufenden gemeinsamen «Quatro-Streifen» von Bundes- und Landespolizei sowie DB Sicherheit und Hochbahn-Wache zogen allen Beteiligten eine positive Zwischenbilanz. Es gebe erste Anzeichen, «dass sich die Zahlen besser entwickeln», sagte Grote. «Es bleibt aber sehr, sehr viel zu tun.»
Der Hamburger Hauptbahnhof gilt mit mehr als einer halben Million Menschen täglich als der zweitmeistfrequentierte Bahnhof Europas - und als Brennpunkt der Kriminalität. Laut Bundespolizei wurden dort allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres 145 Körperverletzungen, 31 gefährliche Körperverletzungen und 18 gefährliche Körperverletzungen mit gefährlichen Gegenständen gezählt.
Klar sei, dass es dort zuviel Kriminalität gebe, sagte Grote. «Ob man sagen kann, der Hauptbahnhof ist der gefährlichste Bahnhof Deutschlands - da würde ich mal ein Fragezeichen hinter machen.» Gemessen an den hohen Fahrgastzahlen relativiere sich die Spitzenstellung. «Dann liegt er nicht an Nummer eins unser Hauptbahnhof.».
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer verwies darauf, dass die verstärkte Präsenz der «Quatro-Streife» auch zu mehr Anzeigen führe. Wenn sich beispielsweise zwei Obdachlose um eine Matratze prügelten und einer von ihnen die Polizei einschalte, «dann wird daraus ein Raubdelikt». Letztlich sei es «ein Strich in der Statistik» und wäre «ohne die Präsenzerhöhung der Polizei nie zur Anzeige gekommen», sagte er.
Durch die verstärkten Kontrollen würden natürlich auch mehr Regelverstöße und Delikte festgestellt, sagte auch der Präsident der Bundespolizeidirektion Hannover, Michael Schuol. Das sei das Wesen der Dunkelfeldaufhellung: «Wir machen in gewisser Weise das Licht an.»
Meyer zufolge ist der Anteil der Kontrolldelikte - etwa Verstöße gegen das Betäubungsmittel- oder das Aufenthaltsgesetz sowie Hausfriedensbruch und Schwarzfahren - am Hauptbahnhof im ersten Halbjahr auf mehr als 60 Prozent an der Gesamtkriminalität gestiegen. Zugleich würden in einzelnen Bereichen wie bei Raub- und Sexualdelikten oder Taschendiebstählen im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2022 leichte Rückgänge verzeichnet.
Seit Beginn der gemeinsamen Streifen wurden den Angaben zufolge fast 3500 Personen überprüft, 243 Strafanzeigen aufgenommen und in knapp 1000 Fällen wurde das Hausrecht durchgesetzt.
Bislang seien er und seine Kollegen bei ihrer Arbeit am Hauptbahnhof wegen beschränkter Befugnisse «ein Stück weit an unsere Grenzen geraten», sagte Arndt Malyka von der Hochbahn-Wache. Schon deshalb sei der Schulterschluss mit Polizei und DB Sicherheit positiv zu bewerten. «Diese Quatro-Streife ist wirklich ein Allzweckeinsatzmittel. Es gibt keine Zuständigkeitsgrenzen mehr.»
Die permanente Waffenverbotszone soll sich ab dem 1. Oktober neben dem Hauptbahnhof und seinen unterirdischen Zuwegen auch auf den Heidi-Kabel-Platz, den Hachmannplatz, den ZOB und den August-Bebel-Park mit dem Drogenberatungszentrum Drob Inn erstrecken. Untersagt sind dort Schusswaffen, Schreckschusswaffen, Hieb-, Stoß- und Stichwaffen - aber auch Taschen- oder Obstmesser, Pfeffersprays und Teleskopschlagstöcke.
Konkrete Standorte für die Kameramasten zur Videoüberwachung und deren Ausrichtung im Bahnhofsumfeld seien aktuell noch in Prüfung, sagte Grote. Für den Hachmannplatz werde aber bereits mit 8 Masten und 15 Kameras geplant.
CDU-Fraktionschef Dennis Thering sprach von einem ersten Anfang und später Einsicht des Senats von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). «Die Einrichtung einer dauerhaften Waffenverbotszone wurde von uns seit langem gefordert.» Wichtig sei nun, dass diese auch täglich kontrolliert werde. «Ansonsten wird sich die Situation nicht verbessern.»
Der Innenexperte der Linken, Deniz Celik, machte «die zunehmende soziale Verelendung von obdachlosen und drogengebrauchenden Menschen im Bahnhofsumfeld» für den Kriminalitätsanstieg verantwortlich. Deren Lebensverhältnisse würden nun zusätzlich verschlechtert. «Diese Allianz schafft keine Sicherheit, sondern durch Vertreibung nur zusätzliche soziale Probleme», sagte er.
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann nannte die dauerhafte Waffenverbotszone «eine politische Bankrotterklärung in puncto Innere Sicherheit». Es sei nur eine Symptom- und keine Ursachenbekämpfung. «Es ist eine Schande, dass die Bürger, Pendler und Touristen sich bei uns in Hamburg nicht mehr sicher fühlen können.»