Diskussion über Kosten für Polizeieinsätze bei Protesten

Der Ablauf wiederholt sich: Aktivisten kleben sich auf Straßen fest, um für den Klimaschutz zu demonstrieren, Polizisten lösen sie vom Asphalt und tragen sie weg. Ob die Demonstranten künftig für die Einsätze zahlen sollen, wird im Landtag kontrovers diskutiert.
Landtag Schleswig-Holstein
Der Plenarsaal im schleswig-holsteinischen Landtag. © Axel Heimken/dpa/Archivbild

Wenn sich Aktivisten der Letzten Generation bei ihrem Einsatz für den Klimaschutz auf Straßen festkleben und den Verkehr blockieren, kommt auch in Schleswig-Holstein schnell die Polizei. Sollen die Demonstranten für die Einsatzkosten künftig zahlen? Die FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag will das und sieht auch eine bereits bestehende Rechtsgrundlage. Die Abgeordneten diskutierten am Freitag kontrovers und überwiesen das Thema zur weiteren Beratung in den Innen- und Rechtsausschuss.

Einig waren sich Redner aller Fraktionen, dass die Meinungs-, Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit ein hohes Gut sei, dass geschützt und verteidigt werden müsse.

Der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz zog dabei eine klare Grenze: «Wer aber das Demonstrationsrecht überschreitet und wer meint, dass seine Ziele so moralisch sind, dass man sich über die Regeln des Demonstrationsrechtes hinwegsetzen darf und sich an Straßen ankleben und andere blockieren darf, der nutzt nicht mehr das Versammlungs- oder Demonstrationsrecht, sondern der wird selbst schlicht und ergreifend zum Straftäter.» Buchholz vertrat die Auffassung, die Gesetzeslage in Schleswig-Holstein lasse das Eintreiben der Einsatzkosten bereits zu, da es sich um Ingewahrsamnahmen handele.

Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) widersprach. Wenn festgeklebte Aktivisten durch die Polizei vom Asphalt gelöst und weggetragen würden, sei das die Anwendung unmittelbaren Zwangs. Dafür seien in Schleswig-Holstein keine Rechnungen vorgesehen. Das Ministerium lasse aber prüfen, ob unmittelbarer Zwang kostenpflichtig gemacht werden könne. Bisher habe es im nördlichsten Bundesland sechs Fälle gegeben, bei den festgeklebte Demonstranten den Verkehr blockiert hätten.

Für die Grünen-Fraktion sagte der Abgeordnete Jan Kürschner, niemand wolle Straftaten und das Recht müsse durchgesetzt werden. Aber es solle nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Der Staat sei zum Erreichen der Klimaziele gesetzlich verpflichtet. Nach seiner Überzeugung verbietet es das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, Kosten zu erheben. «Der Antrag offenbart ein äußerst fragwürdiges Freiheitsverständnis», hielt er der FDP-Fraktion entgegen.

Der CDU-Abgeordnete Tim Brockmann sagte, es sei nicht hinnehmbar, wenn eine kleine Gruppe eine ganze Stadt lahmlege. Die letzte Generation spalte die Gesellschaft. Das erhöhte nicht die Akzeptanz für die Klimaschutzziele. Er nannte es falsch, dass Schleswig-Holstein die Einsätze bisher nicht in Rechnung stellen könne. Brockmann hielt nach sechs Jahren als Abgeordneter seine letzte Rede im Landtag - er scheidet aus, weil er zum hauptamtlichen Bürgermeister von Preetz im Kreis Plön gewählt wurde und in Kürze sein Amt antreten wird.

Für Niclas Dürbrook (SPD) sind Blockaden ärgerlich. Er erinnerte auch an die Gefahr, dass Rettungskräfte nicht mehr durchkommen könnten. Die Letzte Generation mache im Zweifel die Akzeptanz für den Klimaschutz kaputt. Das Ziel des Klimaschutzes dürfe keine Legitimation für jede Form von Protest sein, bei der Regeln verletzt würden, betonte er. Allerdings sei das Verwaltungskostenrecht kein Sanktionsrecht. «Und wir sollten damit auch jetzt nicht anfangen, weil uns eine bestimmte Protestform besonders nervt. Für Sanktionierungen gibt es das Strafrecht.»

Der Fraktionsvorsitzende des SSW, Lars Harms, äußerte Verständnis für das Ziel des Protests, gleichzeitig aber Zweifel am Sinn dieser Protestform. Die Letzte Generation bringe die Allgemeinheit gegen sich auf. Das Demonstrationsrecht stehe jedem zu und für Polizeieinsätze dabei dürfe es keine Kosten geben, sagte er. «Polizeieinsätze sind durch die Allgemeinheit zu tragen.»

© dpa
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