Es wird sein erstes Nordduell gegen Hansa Rostock als Cheftrainer, aber St. Paulis Coach Fabian Hürzeler weiß um die Brisanz der Begegnung in der 2. Fußball-Bundesliga. «Dass dieses Spiel für die Fans etwas Besonderes ist, das ist jedem bewusst», sagte Hürzeler bei der Pressekonferenz vor dem Nordduell am Sonntag gegen die Mecklenburger (13.30 Uhr/Sky). «Das, was drumherum ist, werden andere regeln», fügte er hinsichtlich der großen Polizeipräsenz vor den Toren des Millerntor-Stadions hinzu. Bereits als Co-Trainer erlebte der 29-Jährige Partien gegen die Rostocker.
Die feindselige Gegnerschaft beider Fan-Lager hat sich historisch entwickelt. In den 1990er-Jahren standen oft politische Konflikte beider Gruppen im Vordergrund. Diese haben zwar abgenommen über die Jahre, aber eine handfeste Rivalität ist auch wegen der regionalen Nähe geblieben. Daher handelt es sich bei der Begegnung um ein Hochsicherheitsspiel. «Ich glaube, dass wir im Stadion alles dafür tun werden, dass es reibungslos abläuft, dass wir ein gutes Fußballspiel sehen», sagte Hürzeler und hoffte, dass die Fans «das Spiel gewaltfrei verfolgen» und «genießen» können.
Bei der ausverkauften Partie werden wegen der besonderen Vorkehrungen keine alkoholischen Getränke im Stadion verkauft, zusätzliche Ordner werden hinzugezogen und es wird einen Puffer zwischen den Gästefans und den angrenzenden Heimfans geben, teilte der FC St. Pauli mit.
Auch außerhalb des Stadions bereitet sich die Hamburger Polizei mit vielen Kräften auf die Partie vor. Mehrere Hundertschaften werden im Einsatz sein. Wie eine Polizeisprecherin am Freitag auf Nachfrage mitteilte, werden auch Beamte aus Schleswig-Holstein, Berlin und der Bundespolizei als Unterstützung angefordert.
«Die Fan-Trennung ist das A und O», sagte die Sprecherin weiter: «Nur dann sind wir in der Lage, vor allem die Sicherheit unbeteiligter Dritter zu gewährleisten.» Die Rostocker Fans planen demzufolge einen Marsch in Bomberjacken zum Millerntor. Das einheitliche Tragen von Bomberjacken sei laut Sprecherin der Polizei zwar provokativ und auch problematisch, rechtlich aber nur schwer einschränkbar. Über die gesamte Stadt soll ein «engmaschiges Aufklärungsnetz» gelegt werden, um mögliche Konflikte schnell zu erkennen und eingreifen zu können.
Am vergangenen Wochenende hatten in Rostock mehrere Personen rund um das Spiel von Hansa gegen Darmstadt 98 (0:1) etwa Shuttlebusse, in denen Gäste-Anhänger saßen, mit Steinen beworfen. Zudem war ein Fan-Zug der Darmstädter auf der Rückfahrt von unbekannten Tätern ebenfalls mit Steinen mehrmals attackiert worden.
Der frühere Fußball-Profi Thomas Meggle hat kein Verständnis für mögliche Gewaltausbrüche einzelner Fans rund um das Spiel seiner Ex-Clubs. «Die Rivalität sollte immer eine Grenze haben, und das ist die Gewaltgrenze», sagte der 48-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn ein riesiges Polizeiaufgebot notwendig ist, dann ist das für mich total befremdlich. Ich möchte mir ein Fußballspiel angucken. Die Rivalität gehört dazu, aber sie sollte immer im Bereich des Gewaltfreien sein», fügte Meggle hinzu.
Für die Hansa-Fans ist es ohnehin eine Premiere, denn durch den Aufstieg in die zweite Liga 2021 und einem geschlossenen Protest der Anhänger im Oktober des Aufstiegsjahres gegen Corona-Maßnahmen im Millerntor-Stadion ist es der erste Besuch der Hanseaten im neuen Gästeblock seit März 2009. Im April 2012 hatte die Partie auf Initiative der Polizei und auf Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ohne Gäste-Fans stattgefunden. 13 Monate zuvor war das Kontingent auf 500 personifizierte Rostocker Sitzplatztickets begrenzt worden. Aus Protest verzichteten die Fans.