Staatsrechtler gibt Verfassungsbeschwerde kaum Chancen

Welche Aussicht hat die Verfassungsbeschwerde von 43 Berlinern vor dem Bundesverfassungsgericht zur Wiederholungswahl? Kaum eine, sagt ein Staatsrechtler in einer Einschätzung für die CDU-Fraktion.
Der Staatsrechtler Ulrich Battis in Berlin. © Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis gibt der Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtshofs für eine komplette Wahlwiederholung kaum eine Chance. Das Bundesverfassungsgericht werde sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als unzulässig verwerfen, sagte Battis am Dienstag bei einem Pressegespräch im Berliner Abgeordnetenhaus. Battis hatte ein Gutachten für die Stellungnahme der Berliner CDU-Fraktion an das Bundesverfassungsgericht erstellt, die nach deren Angaben am Dienstag in Karlsruhe eingereicht wurde.

Auch inhaltlich hält Battis die Argumente der Kläger für falsch. «Mandatsrelevanz sagt, nur die Fehler, die sich auf die Zusammensetzung des Parlaments auswirken können, nur die sind relevant. Da sagt die Gegenseite, das missachtet das Berliner Gericht», erläuterte Battis. «Das ist nicht richtig.»

Nach Einschätzung des Landesverfassungsgerichts sei die Wahl zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten im September 2021 systemisch von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen, weil zu wenig Zeit für die Stimmabgabe eingerechnet worden sei.

«Dieser grundlegende Fehler hat dazu geführt, dass das Ganze in einem Schlamassel geendet hat», sagte Battis. «Und deshalb widerspricht die Entscheidung des Verfassungsgerichts Berlin nicht materiell den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts.» Battis rechnet damit, dass die Karlsruher Richter bald zu der Verfassungsbeschwerde Stellung nehmen.

Beim Bundesverfassungsgericht wurde Mitte Dezember eine Verfassungsbeschwerde von 43 Klägerinnen und Klägern aus Berlin eingereicht, die sich gegen das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs wenden. Darunter sind auch acht Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Insgesamt sind beim Bundesverfassungsgericht fünf Beschwerden eingegangen. Die Frist für Stellungnahmen dazu läuft am Dienstagabend ab.

Der Generalsekretär der Berliner CDU-Fraktion, Stefan Evers, kritisierte die Verfassungsbeschwerde der 43 Kläger. «Was sollen Menschen davon halten, dass Abgeordnete von SPD, FDP, Linken so kurz vor einer Wahl nach wie vor alles unternehmen, diese Wahl insgesamt zu unterbinden?» Es stelle sich die Frage, was das mit den Menschen mache, die teilweise schon ihre Stimmen abgegeben hätten oder jetzt ihre Wahlbenachrichtigungen erhielten.

«Wir hoffen sehr, dass das Bundesverfassungsgericht hier ein schnelles und deutliches Zeichen setzt und eine klare Entscheidung fällt», sagte Evers. «Das Vertrauen in die Demokratie in Berlin hat genug gelitten.»

Der CDU-Abgeordnete kritisierte außerdem, dass die Argumentation der Beschwerdeführer aus der Innenverwaltung bekannt erscheine. «Wie der Zufall es will, ist es die gleiche Kanzlei, die sowohl die Innenverwaltung gegenüber dem Landesverfassungsgericht vertreten hat als auch jetzt die Beschwerdeführer gegenüber dem Bundesverfassungsgericht», sagte Evers. Insofern interessiere die CDU-Fraktion, welche Zusammenhänge es dort gebe. Evers kündigte eine parlamentarische schriftliche Anfrage dazu an, die bereits in Vorbereitung sei.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wies die Kritik am Dienstagnachmittag zurück: Der Vertrag mit der betreffenden Rechtsanwaltskanzlei sei «ganz klar» beendet gewesen, als die Kläger vor das Bundesverfassungsgericht gezogen seien, sagte Spranger nach der Sitzung des Senats. Die 43 Klägerinnen und Kläger hätten im Rechtsstaat freie Wahl, wer ihre Rechtsanwaltskanzlei sein solle. «Wir haben mit ihnen keinen Vertrag mehr gehabt. Und wenn Sie die 43 fragen: Das haben die sich ausgewählt. Und dagegen kann ich nichts sagen.»

Spranger sagte außerdem, die Innenverwaltung habe ans Bundesverfassungsgericht «ohne Kommentar» die gleiche Stellungnahme geschickt, die sie schon zuvor beim Landesverfassungsgerichtshof eingereicht habe. «Ohne weitere Stellungnahme», betonte Spranger.

© dpa
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