Rot-Grün-Rot einigt sich beim Thema Rettungsdienst

Die Innen- und die Gesundheitssenatorin haben beim Thema Rettungsdienst lange unterschiedliche Ansichten vertreten. Nun liegt ein Gesetzentwurf des Senats vor. Aber löst der die Probleme?
Notfallrettung
Rettungswagen stehen auf einer Straße. © Paul Zinken/dpa/Archivbild

Rot-Grün-Rot hat sich nach langen Diskussionen auf die Änderung des Berliner Rettungsdienstgesetzes geeinigt. Das teilten Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung gemeinsam mit. Dabei wurde der Entwurf für die Gesetzesänderung beschlossen. Er sieht unter anderem eine stärkere Rolle des Landesbranddirektors als Gesamtverantwortlicher für den Rettungsdienst vor und flexiblere Regeln für die Besetzung der Rettungsfahrzeuge.

Giffey spricht von «erstem Akutschritt»

Der Gesetzentwurf soll nun für die erste Lesung ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Dort steht am Donnerstag die letzte Plenarsitzung in diesem Jahr auf dem Programm. Läuft alles glatt, könnte die Gesetzesänderung dann schon im Januar beschlossen werden. Der ganz große Wurf zur Verbesserung der seit Langem immer wieder von vielen Seiten beklagten Überlastung des Berliner Rettungsdienstes ist das auch aus Sicht des Senats noch nicht. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprach von einem «ersten Akutschritt». Gesundheitssenatorin Gote sagte, dass für 2023 eine umfangreiche Reform notwendig bleibe.

Innensenatorin erhofft sich eine spürbare Entlastung

Spranger betonte, der Landesbranddirektor werde künftig schneller Entscheidungen treffen können. Sie sei auch froh über die Entscheidung, die Rettungsfahrzeuge flexibler besetzen zu können, also nicht nur mit Notfallsanitätern, sondern zumindest im Ausnahmefall auch mit anderem Personal. «Mit dieser Lösung werden wir im Optimalfall ungefähr bis zu 25 Rettungswagen mehr auf die Straße bringen können und damit auch mehr Menschen helfen können», so die SPD-Politikerin.

Gote sprach von einer sehr differenzierten Regelung, die der Senat gefunden habe und einer, die gewährleiste, dass die Qualität der notärztlichen Versorgung nicht angetastet werde. Auf die Notfallsanitäter und -sanitäterinnen in den Notfalleinsatzfahrzeugen zu verzichten, sei nur die «ultima ratio», also die allerletzte Lösung. «Es ist aber nicht die erste Maßnahme, die wir ergreifen müssen.»

Und auch beim zweiten Punkt legte Gote Wert auf die Details: Die Gesamtverantwortung für den Rettungsdienst liege beim Landesbranddirektor, aber die ärztliche Leitung Rettungsdienst sei «in der Erfüllung der medizinischen Aufgaben» nicht weisungsungebunden und könne handeln wie bisher. «Klar ist für uns beide, dass dies jetzt ein Schritt ist, der uns in der aktuellen Situation eine Entlastung bringt», sagte Gote. «Wir sind uns einig, dass wir im nächsten Jahr - und zwar im ersten Halbjahr - eine weitere, tiefergreifende Reform des Rettungsdienstes in Berlin brauchen werden.»

Rettungsdienst am Limit

Der Rettungsdienst in Berlin gilt als chronisch überlastet, unter anderem, weil es an Personal fehlt. Erst am vergangenen Wochenende hat ein tödlicher Unfall, bei dem eine 15-Jährige starb, die Diskussion darüber noch verstärkt. Zum Zeitpunkt des Notrufes war zunächst kein freier Rettungswagen in Berlin verfügbar. Als erster Wagen traf ein Notarzt neun Minuten nach dem Notruf ein, die ersten beiden Rettungswagen (RTW) kamen der Feuerwehr zufolge nach 20 Minuten an.

Die Koalition war sich bei Lösungsvorschlägen nicht einig

Innerhalb der Koalition hat die Diskussion darüber, wie sich die Probleme lösen lassen, in den vergangenen Wochen für Konflikte gesorgt. Nicht zuletzt Spranger und Gote hatten öffentlich gegensätzliche Positionen vertreten. Die Forderung der SPD-Innensenatorin, die Kompetenzen des Feuerwehrchefs im Rettungsdienst zu stärken und zur Entlastung der Notfallsanitäter in Ausnahmesituationen auch andere Angehörige der Feuerwehr Schichten im Rettungswagen zuzuteilen, hatte Gote zunächst abgelehnt.

Die Feuerwehr fordert seit langem Verbesserungen

Nicht zuletzt die Berliner Feuerwehr hatte zuvor mehrfach auf eine Lösung gedrängt und ihr Unverständnis über ausbleibende Fortschritte deutlich gemacht. Erst am Sonntag protestierten einige Dutzend Feuerwehrleute vor dem Roten Rathaus für bessere Arbeitsbedingungen.

Am Montag hat das neue «Bündnis pro Rettungsdienst» gefordert, die Überlastung des Personals ebenfalls kritisiert und eine grundlegende Reform in Deutschland gefordert. Unter den Mitgliedern des Bündnisses sind die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft, die Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften und der Fachverband Leitstellen.

Berlins Feuerwehrchef Karsten Homrighausen hatte schon Wochen zuvor gewarnt, der Rettungsdienst stehe kurz vor dem Kollaps, die Sanitäter seien frustriert über lange Schichten ohne Pausen und immer mehr Verdichtung bei der Arbeit.

© dpa
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