Wahlsieger CDU will «stabile Berlin-Koalition» bilden

Nach der Berlin-Wahl sind Sieger und Verlierer erst einmal in sich gegangen. Nun stehen die ersten Schritte auf dem Weg zu einer Regierungsbildung an. Zuvor klärten CDU und SPD noch Personalien.
Der Spitzenkandidat der Berliner CDU Kai Wegner. © Axel Heimken/dpa/Archivbild

Vor Beginn der Sondierungen zur Regierungsbildung in Berlin hat CDU-Wahlsieger Kai Wegner unterstrichen, dass er am Freitag ohne Vorfestlegung mit SPD und Grünen reden will. «Wir gehen offen in die Sondierungsgespräche mit den beiden zweitplatzierten Parteien», sagte Wegner am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. «Unser klares Ziel ist es, eine stabile Berlin-Koalition zu bilden, die vertrauensvoll zusammenarbeitet und gemeinsam dafür sorgt, dass Berlin wieder funktioniert.»

Die CDU lud für Freitag zunächst die SPD (10.00 Uhr) und danach die Grünen (14.30 Uhr) ein. In den Gesprächen wollen die Beteiligten ausloten, ob sie eine ausreichende Basis für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen sehen.

Wegner will nach dem CDU-Sieg bei der Wiederholungswahl eine Zweierkoalition mit SPD oder Grünen schmieden und als Regierender Bürgermeister ins Rathaus einziehen. Ob das gelingt, ist offen. Denn auch das bisherige Bündnis aus SPD, Grünen und Linken hätte eine Mehrheit im neuen Abgeordnetenhaus. Die drei Partner wollen daher untereinander ebenfalls Sondierungsgespräche führen. Sollte es mit Rot-Grün-Rot weitergehen, könnte die seit Dezember 2021 Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) im Amt bleiben.

«Berlin braucht eine Regierung, die die Stadt wieder zusammenführt», sagte Wegner, der am Donnerstag zum Vorsitzenden der neuen, größeren CDU-Fraktion gewählt wurde. «Wir müssen das Vertrauen der Menschen in die Politik zurückgewinnen.» Diesen Auftrag hätten die Berlinerinnen und Berliner der CDU gegeben, und er nehme das sehr ernst. «Jetzt steht jede demokratische Partei in der Verantwortung, die notwendigen Schlüsse aus dem Wählerwillen zu ziehen.»

Grünen-Landeschef Philmon Ghirmai unterstrich, dass seine Partei zu ernsthaften Sondierungen bereit sei. «Es wird in ernsthaften Sondierungen darum gehen, zu eruieren, welche Schnittmengen wir haben, um die zentralen Zukunftsfragen unserer Stadt anzugehen», sagte er der dpa. Eine Regierung mit den Grünen gehe nicht ohne Mieterschutz, ohne Berlin klimaneutral umzubauen und ohne die Mobilitäts- und Wärmewende voranzutreiben.

SPD-Partei- und Fraktionschef Raed Saleh wollte sich auf Anfrage nicht zu den Sondierungen äußern. Die neue SPD-Fraktion wählte den 45-Jährigen am Donnerstag erneut an ihre Spitze - nach Angaben eines Sprechers einstimmig. 31 der 34 Abgeordneten waren anwesend. Saleh ist seit 2011 SPD-Fraktionschef. Seit 2020 amtiert er gemeinsam mit Giffey auch als SPD-Parteivorsitzender.

Auch die CDU wählte den Fraktionsvorsitz, für Wegner als Chef stimmten laut einem Sprecher 50 der 51 anwesenden CDU-Abgeordneten, einer stimmte mit nein. Insgesamt hat die größte Fraktion 52 Abgeordnete, einer fehlte bei der Sitzung. Wegner ist seit 2019 CDU-Vorsitzender in Berlin und seit 2021 Fraktionschef.

Die CDU hatte die Wiederholungswahl am Sonntag nach dem vorläufigen Ergebnis mit 28,2 Prozent klar gewonnen. SPD und Grüne bekamen beide 18,4 Prozent. Die Sozialdemokraten haben mit 105 Stimmen nur einen hauchdünnen Vorsprung vor den Grünen. Sie schnitten so schlecht ab wie noch nie bei einer Abgeordnetenhauswahl. Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1. Die FDP flog mit 4,6 Prozent aus dem Parlament, das nun fünf statt bisher sechs Fraktionen hat.

Im Moment werden in allen Bezirken die Wahlergebnisse überprüft, teils wird zur Sicherheit noch einmal nachgezählt. «Wir prüfen, prüfen, prüfen mit dem Ziel, Fehler zu finden, damit die dann im Endbericht alle bereinigt sind», sagte Landeswahlleiter Stephan Bröchler der Deutschen Presse-Agentur. Von Medien vermeldete einzelne Ergebnisse von Nachzählungen seien bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses am 27. Februar nur Wasserstandsmeldungen. Nachzählungen seien nichts Ungewöhnliches: «Das sind die normalen Korrekturprozesse, die ablaufen.»

Erst am Mittwoch hatte eine nachträgliche Auszählung zuvor nicht berücksichtigter Briefwahlstimmen im Wahlkreis 3 in Lichtenberg die gleiche Stimmenzahl für den CDU-Direktkandidaten und seine Konkurrentin von den Linken ergeben, nachdem bis dahin der CDU-Kandidat vorne gelegen hatte. Nach einem rbb-Bericht vom Donnerstag ergab eine Nachzählung weiterer Stimmen aus einem einzelnen Wahllokal, dass die CDU nun doch wieder knapp vorne liegt. Lichtenbergs Bezirkswahlleiter Axel Hunger bestätigte das auf Anfrage nicht. Im Fall einer Pattsituation müsste das Los entscheiden, wer von beiden Kandidaten direkt ins Abgeordnetenhaus einzieht.

Die Wahl am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof wegen «schwerer systemischer Mängel» und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt und eine Wiederholung angeordnet.

© dpa
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