Sondierungen der SPD mit Linken und Grünen gehen weiter

Nach der Wiederholungswahl in Berlin laufen die Sondierungsgespräche. Die SPD hat sich erstmals mit ihren Koalitionspartnern getroffen. Dabei ging es auch um Selbstkritik.
Bettina Jarasch (Grüne, l), Klaus Lederer (Linke) und Franziska Giffey (SPD). © Wolfgang Kumm/dpa

Nach ihrem ersten Sondierungsgespräch haben sich die drei Parteien der rot-grün-roten Regierungskoalition in Berlin auf ein weiteres Treffen am Donnerstag verständigt. Das gaben die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey (SPD), Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch und Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer am Dienstag bekannt. «Es ging heute erstmal ein Stück weit um die Bewertung des Wahlergebnisses», sagte Giffey. Es sei für die Koalition kein gutes gewesen. «Deshalb muss damit kritisch umgegangen werden», so die SPD-Politikerin.

Es sei darüber gesprochen worden, welche Bilanz die Koalition ziehen könne und welche Veränderungen es geben müsste, wenn man die Zusammenarbeit fortsetzen wolle, sagte Giffey. Co-Landesvorsitzender Raed Saleh ergänzte, die drei Parteien hätten lange, intensiv, ehrlich und in der Sache durchaus hart miteinander diskutiert. «Heute war es ein sehr ernstes, ein nachdenkliches, selbstkritisches Gespräch», so Giffey. Ähnliches sagten auch Jarasch und Lederer.

Lederer kündigte an, am Donnerstag wollten die drei Parteien in die thematische Diskussion einsteigen und sich dann die notwendige Zeit dafür nehmen. Linke-Landesvorsitzende Katina Schubert verteidigte die Sondierungsgespräche über eine Fortsetzung der bisherigen Koalition, obwohl alle drei Parteien an Zustimmung verloren haben: «Rot-Grün-Rot ist die Kombination mit der bei Weitem größten Mehrheit im Parlament». Insofern sei es völlig legitim zu sagen, welche Konstellation die größte Mehrheit habe und arbeiten könne. Natürlich sei es genauso legitim, wenn sich eine kleinere Mehrheit finde.

Jarasch fügte an, man habe sich die Zeit genommen, nach der Stimmung, in der sich die Stadt befinde, sehr gründlich ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wo die Koalition jetzt stehe und was getan werden müsse, um noch besser gemeinsam zu regieren.

Giffey wies darauf hin, dass Rot-Grün-Rot einiges bewegt habe: «Es geht auch ein Stück weit darum, dass diese Koalition im letzten Jahr in einer absoluten Ausnahmesituation auch Dinge geschafft hat», sagte sie. «Wir haben drei große Krisen gemeinsam bewältigt: die Corona-Pandemie, die große Flüchtlingssituation mit über 360 000 Menschen aus der Ukraine, aber auch die ganze Energiekrise.»

Dass Berlin gut über den Herbst und Winter gekommen sei, sei auch eine Leistung dieser Koalition. «Offensichtlich ist es nicht ausreichend gelungen, diese erfolgreichen Entwicklungen, auch was das Wirtschaftswachstum in der Stadt angeht, so rüberzubringen, dass die Menschen davon überzeugt werden konnten.»

Wie bei den Sondierungen am Montag demonstrierte die Initiative «Deutsche Wohnen & Co. enteignen» zum Beginn des Treffens von Rot-Grün-Rot für ihr Anliegen. Die Demonstranten skandierten «Umsetzen Volksentscheid, Umsetzen Volksentscheid», schwenkten Fahnen und forderten, die Umsetzung des Volksentscheids müsse sich im Koalitionsvertrag wiederfinden. «Berlin kann nur regiert werden von einer klaren Enteignungskoalition.»

«Wir wollen keine weiteren Lippenbekenntnisse, wir wollen einen klaren Zeitplan für die Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes», teilte die Initiative mit. SPD-Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel dürfe den Volksentscheid nicht weiter blockieren. «Seine Zeit ist abgelaufen. Geisel muss den Platz frei machen für einen Senator oder eine Senatorin, die die großen Konzerne enteignet.»

Innerhalb der rot-grün-roten Koalition ist der Umgang mit dem Volksentscheid ein heikles Thema. Die Linke hat das Vorhaben von Anfang an unterstützt, die Regierende Bürgermeisterin immer wieder Zweifel daran geäußert. Eine vom Senat eingesetzte Expertenkommission prüft noch die Umsetzbarkeit und soll im Mai ihren Abschlussbericht vorlegen. Für ein mögliches Weiterregieren von Rot-Grün-Rot gehört eine Verständigung in dieser Frage zu den wichtigsten Hürden.

Die Sondierungsgespräche begannen bereits am Freitag. Zunächst hatte der Wahlsieger CDU die SPD und Grünen dazu eingeladen. Am Montag gab es ein zweites Treffen zwischen dem CDU- und dem SPD-Sondierungsteam. Die Beteiligten wollen herausfinden, ob sie eine ausreichende Basis für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen sehen. Am Mittwoch steht das zweite Sondierungstreffen zwischen CDU und Grünen an. Am Freitag treffen sich CDU und SPD zum dritten Mal. Ob es dabei bleibt oder noch weitere Sondierungsgespräche nötig sind, gilt als offen.

Mit Spannung blicken alle Parteien auf den kommenden Montag. Dann will Landeswahlleiter Stephan Bröchler das amtliche Endergebnis bekanntgeben. Bislang landete die SPD nur hauchdünn vor den Grünen, beide Parteien erhielten 18,4 Prozent. Es gilt als denkbar, dass sich die Reihenfolge durch die Nachzählungen in den vergangenen Tagen noch ändern könnte. Auch die Koalitionsfrage würde sich dann unter Umständen neu stellen.

© dpa
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