Rund vier Wochen vor der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Berlin hat die Linke ihr Wahlprogramm nachgeschärft. Beim Kleinen Parteitag am Freitagabend in Berlin-Kreuzberg hat der kleinste Partner der rot-grün-roten Koalition mit einer Reihe von Vorschlägen nachgelegt, die über das Wahlprogramm aus dem Jahr 2021 hinausgehen.
In ihrem «Sofortprogramm zur Berlin-Wahl» sprechen sich die Linken unter anderem für das schnelle Erarbeiten eines Gesetzes zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin aus, für einen noch stärkeren Fokus auf bezahlbaren Wohnraum in kommunalem Eigentum und dafür, am Ziel, die Obdachlosigkeit in Berlin bis 2030 zu überwinden, festzuhalten. Nach den Vorstellungen der Berliner Linke soll langfristig die Hälfte aller Berliner Wohnungen in gemeinwohlorientierter Hand sein.
Linke-Spitzenkandidat und Kultursenator Klaus Lederer sagte, der Abschlussbericht der Expertenkommission zum Thema Enteignung werde für Mai erwartet. Es sei möglich, dann bis Ende 2022 einen Entwurf für ein Enteignungsgesetz vorzulegen. «Das wird es nur mit der Berliner Linken in der Regierung geben.» Eine Vertreterin der Initiative «Deutsche Wohnen & Co enteignen» forderte die Partei auf, weiter für die gemeinsame Sache zu streiten. «Wir lassen nicht locker, wir zählen auf euch.»
Das Sozialticket für 9 Euro für den ÖPNV in Berlin, das der rot-grün-rote Senat eingeführt hat, soll nach dem Willen der Linke mit Bundesmitteln dauerhaft angeboten und auf den ABC-Bereich, also bis ins Umland, ausgeweitet werden, wie Lederer erklärte. Außerdem setzt sich die Partei für ein bundesweites Sozialticket nach dem Berliner Vorbild ein.
Und neben mehr Geld für den Schulbau und mehr Personal für die Verwaltung wollen die Linken erreichen, das Fernwärme- und Gasnetz der Stadt sowie den Berliner Energieversorger Gasag in die öffentliche Hand zu holen. Das biete auch die Möglichkeit, mehr Einfluss auf die Umsetzung der Energiewende zu nehmen, sagte Lederer.
Berlins Linke-Vorsitzende Katina Schubert kritisierte, dass Energiekonzerne durch die gestiegen Energiekosten am russischen Angriffskrieg auf die Ukraine «extra viel» verdienten. «Deswegen müssen wir uns dagegen wehren.» Energieproduktion und -versorgung gehöre deswegen in öffentliche Hand.
Schubert sprach sich in ihrer Parteitagsrede außerdem klar gegen den Weiterbau der Stadtautobahn A100 aus. Es sei völlig anachronistisch, darauf zu beharren, sagte sie mit Blick auf die Absicht des Bundesverkehrsministeriums, die Planungen für den 17. Bauabschnitt voranzutreiben.
«Damit muss unbedingt sofort Schluss gemacht werden», sagte Schubert. «Und da erwarten wir jetzt auch was von den Koalitionspartnern in Berlin.» Dabei sei auch die grüne Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch gefragt. Schubert nannte den im Raum stehenden Weiterbau der A100 eine «völlig irre Schneise durch den Osten Berlins».
Mit Blick auf die Räumung des Dorfes Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier sagte die Parteivorsitzende, die Berliner Linke stehe klar an der Seite der Klimabewegung. Am Freitag wurden dort Klimaaktivisten von Polizisten aus dem letzten noch von ihnen besetzten Gebäude getragen.