Das vorläufige Ende der strittigen Gespräche über ein Gesetz für mehr Insektenschutz in Brandenburg sorgt für einen Disput in der rot-schwarz-grünen Koalition. Die Grünen warfen der SPD am Freitag vor, sie wollten keinen Gesetzentwurf. «Es ist ernüchternd und frustrierend zu sehen, wie die stärkste Partei dieses Landes mit dem Willen von zwei Volksinitiativen umgeht», sagte die Grünen-Abgeordnete Isabell Hiekel im Landtag in Potsdam. Sie zeigte sich wie SPD und CDU aber offen dafür, die Gespräche wieder aufzunehmen - doch unter einer Bedingung: «Ohne ein Gesetz werden wir nicht weitermachen brauchen.»
Zwei Volksinitiativen - Naturschützer und Bauern - hatten insgesamt mehr als 100.000 Unterschriften für mehr Insektenschutz gesammelt. Die Verbände unterzeichneten 2020 mit den Koalitionsfraktionen eine Vereinbarung, um die beiden Initiativen zusammenzuführen. Am Donnerstag erklärten Naturschutzbund (Nabu) und BUND Brandenburg die Gespräche über einen Gesetzentwurf für gescheitert. Es ging im Kern um die Frage eines Verbots von Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdünger in Schutzgebieten, um Insekten besser zu schützen. SPD und CDU wollten kein unbefristetes Gesetz.
SPD-Fraktionschef Daniel Keller warf den Grünen vor: «Sie sind die einzige Fraktion, die diesen Prozess beendet.» Er sprach zugleich von einem Grundkonsens über ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdünger und über Ausgleichszahlungen für Landwirte. Keller will die Naturschutzverbände und die Grünen wieder an den Verhandlungstisch holen. SPD-Agrarpolitiker Johannes Funke verwies darauf, dass das Insektenschutzpaket der Bundesregierung und die EU-Agrarförderung für viel Insektenschutz sorgten. «Die 100.000 Unterzeichner bekommen mehr Insektenschutz, als sie je gefordert haben.» Er ist auch Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Havelland.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann zeigte sich ebenfalls offen für einen weiteren Dialog. «Wir hätten uns komplett einigen können für alle Maßnahmen bis 2028», sagte Redmann. «Es wäre ein richtig gutes Signal gewesen.» Die jetzige EU-Förderperiode geht bis 2027.
Bei den Verhandlungen ging es um die Frage eines gesetzlichen Verbots von Pflanzenschutzmitteln und Stickstoffdünger ab 2023 in Naturschutzgebieten und ab 2028 in Flora-Fauna-Habitat-Gebieten (FFH) sowie um Entschädigungen für Landwirte für den Verzicht. Außerdem sollten Gewässerrandstreifen geschützt werden. Die Koalitionsfraktionen wollten drei Millionen Euro pro Jahr anbieten, um unter anderem eine Koordinierungsstelle zu etablieren.
Die Umweltorganisation WWF Deutschland kritiserte, dass ökologisch notwendige Änderungen beim Pestizideinsatz und Gewässerschutz verhindert worden seien. «Damit wird der Artenschutz einmal mehr auf die lange Bank geschoben», kritisierte der Projektleiter Insektenschutz, Peter Weißhuhn.