Bundesverfassungsgericht billigt Urteil gegen Ku'damm-Raser

Ein Autofahrer will nachts bei Grün eine Straße kreuzen. Er ahnt nicht, dass sich dort zwei Raser mit bis zu 170 Stundenkilometern ein Rennen liefern - und hat keine Chance. Der Fall beschäftigt seit Jahren die Justiz. Verdient der Todesfahrer die Höchststrafe?
Fahrzeugteile liegen nach einem illegalen Autorennen in der Tauentzienstraße. © Britta Pedersen/dpa/Archivbild

Fast sieben Jahre nach einem tödlichen Autorennen am Berliner Ku'damm hat das Bundesverfassungsgericht das Mord-Urteil gegen einen der beiden Raser gebilligt. Die Karlsruher Richterinnen und Richter nahmen seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, wie sie am Freitag mitteilten. Der Mann sei durch seine Verurteilung zu lebenslanger Haft nicht in seinen verfassungsmäßig garantierten Rechten verletzt worden. Rechtskräftig war das Urteil schon seit zweieinhalb Jahren.

Der damals 26-Jährige hatte sich mit einem Bekannten am 1. Februar 2016 kurz nach Mitternacht mitten in Berlin auf dem Kurfürstendamm und der Tauentzienstraße spontan ein illegales Rennen geliefert. An einer Kreuzung nahe dem Kaufhaus des Westens (KaDeWe) rammte er mit 160 bis 170 Stundenkilometern ein Auto, das aus einer Seitenstraße kam und Grün hatte. Dessen Fahrer, ein Arzt im Ruhestand, hatte keine Chance. Er starb noch am Unfallort.

Der Fall hatte auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil das Berliner Landgericht zunächst beide Raser wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt hatte. Das hatte es bis dahin noch nie gegeben. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte dieses erste Urteil vollständig aufgehoben. Der zweite Berliner Prozess endete 2019 wieder mit zweimal Lebenslänglich wegen Mordes. Im Juni 2020 hatte der BGH dieses Urteil dann für den eigentlichen Todesfahrer bestätigt.

Die Kernfrage war dabei immer, ob dem Raser wirklich ein Tötungsvorsatz nachzuweisen ist. Denn für eine Verurteilung als Mörder muss der Täter zumindest erkannt haben, dass durch sein Handeln jemand sterben könnte, und sich damit abgefunden haben.

In seinem zweiten, vom BGH in diesem Punkt bestätigten Urteil war das Landgericht davon ausgegangen, dass es einen bedingten Tötungsvorsatz auf der letzten Teilstrecke gab. Beide hätten das Rennen gewinnen wollen - «koste es, was es wolle». Dabei hätten die Männer gewusst, dass Motorhaube und Airbag ihrer PS-starken Autos sie bei einem Zusammenprall mit einem querenden Fahrzeug schützen würden.

Nach Auffassung der Verfassungsrichter gibt es an dieser Abgrenzung nichts zu beanstanden. Sie sehen auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz, dass die Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen muss. Das Landgericht habe dessen Persönlichkeit, seine Einstellung zum Autofahren und die Selbsteinschätzung seines fahrerischen Könnens berücksichtigt.

Der zweite sogenannte Ku'damm-Raser, der nicht mit dem Auto des Opfers kollidiert war, ist inzwischen rechtskräftig wegen versuchten Mordes zu 13 Jahren Haft verurteilt. Sein Fall musste ein drittes Mal verhandelt werden, weil der BGH eine Mittäterschaft nicht belegt sah.

Seit 2017 können Raser, die bei illegalen Rennen Menschen töten, bis zu zehn Jahre ins Gefängnis geschickt werden. Für den Berliner Fall kam dieser neue Straftatbestand aber zu spät. (Az. 2 BvR 1404/20)

© dpa
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