Gegen Klimaschutz-Demonstranten, die in Berlin Straßen blockierten, hat die Staatsanwaltschaft bislang 511 Strafbefehle beantragt und 7 Anklagen erhoben. Bis zum 10. Februar gab es 39 Verurteilungen meist wegen Nötigung zu Geldstrafen. Die Polizei verschickte 694 Gebührenbescheide über 241 Euro, in vielen Fällen erhielten Wiederholungstäter mehrere Gebührenforderungen. Das teilten Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Dienstag mit.
Strafbefehle können bei leichter Kriminalität von der Staatsanwaltschaft beantragt und einem Richter oder einer Richterin ohne Gerichtsverhandlung verhängt werden, um die Justiz zu entlasten. Akzeptiert ein Beschuldigter den Strafbefehl, ist er verurteilt. Legt er dagegen Einspruch ein, kommt es zum Prozess.
Insgesamt wurden seit Beginn der Blockaden im Januar 2022 rund 2797 Strafanzeigen vor allem gegen Mitglieder der Klimaschutz-Gruppe Letzte Generation, aber auch gegen Aktivisten aus anderen Gruppen gestellt. Die Staatsanwaltschaft leitete bis jetzt fast 1400 Ermittlungsverfahren ein. In vielen Fällen sollen Beschuldigte mehrere Taten begangen haben. Die große Zahl dieser Straftaten habe die Strafverfolgungsbehörden trotzdem «vor große Herausforderungen gestellt», sagte Kreck.
Von den 39 Verurteilungen seien 16 inzwischen rechtskräftig. Meist seien nicht allzu hohe Geldstrafen im Bereich von 50 Tagessätzen verhängt worden. Je nach Einkommen kann so eine Geldstrafe dann einige hundert bis einige tausend Euro betragen. Freisprüche erfolgten bisher nicht. Die Gerichte seien überwiegend den Beschuldigungen der Staatsanwaltschaft gefolgt, so Kreck.
Die Klimaschutz-Gruppe Letzte Generation sammelt für ihre Kampagnen, Blockadeaktionen und Gerichtskosten ihrer Aktivisten seit längerem Spenden. Im vergangenen Jahr bekam sie laut ihrem Transparenzbericht rund 900 000 Euro zusammen.
Kreck betonte, zu dieser Form des Protestes müsse man sagen, «dass wir uns hier im unteren Kriminalitätsspektrum befinden». Die Demonstranten hätten das Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen. Daher stelle sich die Frage, ob man die Lage durch hohe Strafen «eskalieren» lassen wolle. Die Blockierer würden sich davon «nicht beeindrucken» lassen. «Je repressiver reagiert wird, desto stärker verlagern sich die Proteste dorthin», sagte sie mit Blick auf Bayern, wo Blockierer häufiger und länger eingesperrt wurden.
Innensenatorin Spranger erklärte, wer mehr als acht Mal von der Polizei vom Asphalt gelöst werden musste, weil er sich dort festgeklebt hatte, erhalte einen zusätzlich Gebührenbescheid über 2000 Euro. Dazu komme dann im Fall der Verurteilung noch die Geldstrafe.
Spranger nannte weitere Zahlen: die Polizei habe inzwischen 781 mutmaßliche Blockierer mit Namen erfasst, viele von ihnen hätten sich mehrmals an Blockaden beteiligt. In 253 Fällen seien Blockierer zur Anordnung eines Polizeigewahrsams vorgeführt worden, um weitere Taten zu verhindern. In 179 Fällen hätte die Polizei bekannte Blockierer im Rahmen sogenannter Gefährderansprachen vor weiteren Taten gewarnt. In der eigens gebildeten Ermittlungsgruppe «EG Asphalt» der Polizei arbeiteten inzwischen zehn Beamte nur an diesen Fällen.
Die Polizei hatte im Januar mitgeteilt, bei knapp 50 Prozent der Fälle handele es sich um Nötigung im Straßenverkehr, bei 25 Prozent um Hausfriedensbrüche und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Die übrigen Strafanzeigen beträfen sonstige Nötigungen, Sachbeschädigungen, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr sowie gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs-und Luftverkehr.