Mit Durchsuchungen ist die Polizei in Berlin gegen mutmaßliche Sexualstraftäter vorgegangen. Dabei wurden am Mittwoch zahlreiche Beweismittel wie technische Geräte oder Datenträger sichergestellt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Knapp 70 Einsatzkräfte hätten 25 - nicht in Zusammenhang stehende - Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt. Auch Diensthunde seien beteiligt gewesen. Es gehe um den Besitz, die Besitzverschaffung und die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie.
Mit den Razzien beteiligten sich Berlin und Brandenburg laut Behörden an der ersten Aktion der Norddeutschen Allianz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt an Kindern. Wie das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen mitteilte, ist die Polizei mit insgesamt 650 Einsatzkräften in sieben Bundesländern gegen mutmaßliche Sexualstraftäter vorgegangen.
Bis Mittwochmittag seien mehrere Hundert Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt worden. Dabei stellte die Polizei nach eigenen Angaben unter anderem diverse Datenträger wie Laptops, PCs und Smartphones sicher. In Berlin erfolgten die Aktionen in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Neukölln, Pankow, Reinickendorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick.
Ein 37-Jähriger aus Lichtenberg soll sich als Mitglied einer einschlägigen Chatgruppe erneut kinderpornografische Dateien verschafft haben, hieß es von der Polizei bei Twitter zu dem Einsatz. Der Beschuldigte sei bereits dreimal verurteilt worden. Ein 59-Jähriger aus Marzahn stehe in Verdacht, ein kinderpornografisches Foto in die Suchmaschine hochgeladen und so Anderen zur Verfügung gestellt haben, lautete ein andere Tweet.
«Die Polizei Berlin hat die Bekämpfung sexualisierter Ausbeutung und Gewalt an Minderjährigen zum behördenweiten Schwerpunkt erklärt», hieß es von LKA-Chef Christian Steiof. «Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch online und offline hat für uns oberste Priorität.» Seine Behörde habe sich organisatorisch, personell und technisch verstärkt, um dagegen vorgehen zu können.
Laut Polizei wurden im vergangenen Jahr mehr als 1700 Fälle des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie in der Kriminalstatistik für Berlin registriert. Darunter seien Sammler und Gelegenheitskonsumenten, aber auch Jugendliche, die sich Kinderpornografie aus digitaler Naivität zuschickten.
Bundesweit sind die Zahlen laut Kriminalstatistik von 2021 zu 2022 erneut gestiegen. Ein Großteil der Ermittlungen beruht dabei auf Hinweisen des «National Center for Missing and Exploited Children» (NCMEC), einer US-amerikanischen Organisation. Im Jahr 2015 wurden dem Bundeskriminalamt (BKA) etwa 14.500 solcher Fälle aus den USA gemeldet, 2021 waren es schon 78.600 und 2022 sogar 136.500 Hinweise. Auch bei dem vom NCMEC übermittelten Beweismaterial handele es sich in vielen Fällen um einzelne Fotos oder Videos, die insbesondere durch Jugendliche oder Kinder unbedacht versendet würden.