Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) hat die Hoffnung auf eine Fortsetzung der rot-grün-roten Regierungskoalition noch nicht ganz aufgegeben. «Noch sind die letzten Messen nicht gesungen», sagte Kipping der «Berliner Zeitung» (Dienstag). «Noch hat die SPD-Basis nicht Ja und Amen zu Schwarz-Rot gesagt, und nach dem, was ich höre, ist in den letzten Koalitionsrunden die Stimmung deutlich schlechter geworden.» Ob Schwarz-Rot scheitere, habe jetzt die SPD-Basis in der Hand. «Es gibt zumindest noch eine kleine Chance auf Rot-Grün-Rot und darauf, dass wir sozialökologische Mehrheiten hier doch noch nutzen», so Kipping.
CDU und SPD wollen ihre Koalitionsverhandlungen am Freitag abschließen und am Montag einen Koalitionsvertrag vorstellen. Bei den Christdemokraten soll anschließend ein Parteitag darüber entscheiden, bei den Sozialdemokraten ein Mitgliedervotum. In der SPD ist die Zusammenarbeit mit der CDU umstritten. Die Jusos und mehrere Kreisverbände sprachen sich dagegen aus.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wollte sich zu den Chancen für eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot nicht äußern und verwies auf die laufenden Koalitionsverhandlungen mit der CDU. «Es wird dann ein Ergebnis geben, und dann werden die Mitglieder der SPD darüber zu entscheiden haben, ob sie einen solchen Weg gehen wollen oder nicht», sagte sie bei einer Pressekonferenz nach der Senatssitzung, zu der sie gemeinsam mit Kipping kam.
«Das ist jetzt erstmal das, was jetzt ansteht. Und über alle anderen Möglichkeiten muss man dann reden, wenn eine Situation eintritt, die das erforderlich macht», sagte Giffey zum Mitgliedervotum, dessen Ergebnis am 23. April präsentiert werden soll.
Über Kipping sagte die SPD-Politikerin: «Wir haben sehr, sehr gut zusammengearbeitet, ich schätze sie persönlich sehr. Ich schätze ihre Arbeit, ich schätze ihre Art und auch, was wir zusammen möglich machen konnten im letzten Jahr.» Auch wenn es immer viel Kritik gebe: «Es ist auch viel gelungen.»
Die SPD-Landesvorsitzende betonte, es sei eine Leistung gewesen, 380 000 ukrainische Geflüchtete in Berlin erstzuversorgen, die Unterbringung zu organisieren, ohne dass dafür eine einzige Turnhalle nötig gewesen sei, und für mehr als 7000 Kinder aus der Ukraine Plätze an Berliner Schulen zu schaffen. «Ich finde, bei allem, was dann immer gerne kritisiert wird, ist es auch wichtig, auf die Habenseite zu schauen.» Auch die Verlängerung des Sozialtickets in Berlin, die der rot-grün-rote Senat erst am Dienstag beschloss, ist laut Giffey ein großer sozialpolitischer, mobilitätspolitischer und klimapolitischer Erfolg.
Kippings Bilanz der Zusammenarbeit in der rot-grün-roten Landesregierung ist ebenfalls positiv: «Natürlich gab es politische Kontroversen. Natürlich prallten auch mal die unterschiedlichen Interessen der Senatsverwaltungen aufeinander», sagte sie. Dann müsse man gemeinsam darum ringen, die beste Lösung zu finden. «Ich hatte den Eindruck, das hat gut funktioniert», so die Linke-Politikerin.
Dass Kipping Parteivorsitzende der Linken in Berlin werden könnte, schloss sie aus: «Das würde ja bereits Anfang Mai beginnen, und da bin ich ja womöglich noch Senatorin», sagte sie. Daher sei das keine Option. «Ich war ein Vierteljahrhundert auf Parteitagen immer als Funktionärin, Vorsitzende, Abgeordnete oder Senatorin dabei. Ich freue mich, im Mai als Basismitglied auf dem Parteitag der Berliner Linken sprechen zu können.»