Berlins Wirtschaftssenatorin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey hält bei der Entscheidung über eine neue Berliner Parteispitze eine Urwahl für eine Option. «Warum nicht? Wenn aus der Partei Wünsche nach einer Urwahl kommen, dann ist das in Ordnung. Ja, ich kann mir das vorstellen», sagte sie in der Wochenzeitung «Die Zeit». Giffey steht zusammen mit SPD-Fraktionschef Raed Saleh an der Spitze des Landesvorstands. Vorstandswahlen stehen 2024 wieder an.
Bereits am 26. Mai plant die Landes-SPD ihren ersten Parteitag nach der Wahl im Februar, bei der die SPD ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren hatte. Erwartet wird eine Diskussion über das Wahlergebnis und den Kurs der Landesspitze. Giffey und Saleh, die sich beide für den Wechsel von Rot-Grün-Rot zu Schwarz-Rot ausgesprochen hatten, stehen bei Teilen der Partei in der Kritik. Bei einem Mitgliedervotum hatte es nur 54,3 Prozent Zustimmung für die Koalition mit der CDU gegeben.
Zu dem Vorwurf, der auch aus der SPD zu hören war, Giffey habe zu wenig Demut erkennen lassen, sagte sie: «Demut heißt auch, dass wir das Wahlergebnis ehrlich aufarbeiten. Wenn umgekehrt 54 Prozent gegen Schwarz-Rot gewesen wären, hätte es geheißen: ein klarer Sieg! In so einem Fall hätte ich die Konsequenzen gezogen und wäre zurückgetreten.»
In der SPD hatte es nach der Wahl sowohl Stimmen für die Fortsetzung der Koalition mit Grünen und Linken als auch für den Gang in die Opposition gegeben. «Die Vorstellung von einer wohltuenden Erholung in der Opposition halte ich wirklich für einen Irrweg», sagte Giffey.
Mit der neuen schwarz-roten Koalition wolle sie auch beweisen, dass progressive Politik ohne die Grünen möglich sei. «Diese Debatte regt mich auf. Progressiv ist für mich, ein Problem zu erkennen, eine Lösung dafür zu finden und die dann aber auch umzusetzen. Und nicht, im Wolkenkuckucksheim theoretische Diskussionen zu führen, wie die Welt aussehen könnte.»
Auf die Frage, was ihr Vater dazu sage, dass sie in Berlin nun nicht mehr regiere, sagte Giffey: «Der sagt: Richtig gemacht. Das Wichtigste ist es, für seine Überzeugungen einzustehen, standhaft zu sein, fair zu bleiben.»