Die Ansage der Richterin war eindeutig. Und Marius Gersbeck dürfte sie tunlichst befolgen. «Ich möchte sie hier nicht wiedersehen», gab Daniela Meniuk-Prossinger dem Torwart von Hertha BSC als letzte Worte noch mit auf den Heimweg. An Reue hatte es Gersbeck vor dem Landgericht Salzburg aber ohnehin ganz offensichtlich nicht gemangelt. «Ich bedaure den Vorfall zutiefst. Ich würde mich noch gerne beim Opfer persönlich entschuldigen», hatte Gersbeck zum Prozessauftakt am Donnerstag gesagt.
Damit machte der 28-Jährige den Weg frei zu einer im österreichischen Recht vorgesehenen, sogenannten Diversion. Geldstrafe von 40.000 Euro statt der angedrohten Gefängnisstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren wegen schwerer Körperverletzung nach der gewalttätigen Auseinandersetzung in der Juli-Nacht im Zell am See.
Gut zwei Monate nach dem Zwischenfall an Rande des Trainingslagers des Fußball-Zweitligisten ist Gersbeck zumindest juristisch glimpflich für seine Prügelattacke gegen einen 22-Jährigen davongekommen. Er gilt nicht als vorbestraft und kann als freier Mann zu seiner Familie nach Berlin zurückkommen. Und ein Weg zum sportlichen Comeback deutet sich zumindest schon an.
«Für uns als Club ist also im Moment festzuhalten: Das Gericht hat die Schuld offenbar als nur gering angesehen. Unser Spieler wurde strafrechtlich nicht verurteilt und hat den Verletzten einvernehmlich entschädigt. Bei dieser Sachlage schließen wir unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht aus, dass Marius Gersbeck eine zweite Chance erhält. Wir werden dies intern besprechen und zeitnah entscheiden», sagte Geschäftsführer Thomas Herrich kurz nach dem Prozess. Mit dieser Nachricht wurden auch die Hertha-Mitglieder noch am Donnerstag per E-Mail informiert.
Die Befürworter einer Begnadigung Gersbecks bei der Hertha, zu denen offenbar auch Präsident Kay Bernstein gehört, haben nun zumindest neue Argumente. Allerdings wird eine Rückkehr des bei den Fans sehr beliebten ehemaligen Kurven-Gängers in manchen Gremien auch kritisch gesehen. Gersbeck wird sich womöglich auch dort nochmals erklären müssen. Sportlich war die Absenz durch die soliden Leistungen von Tjark Ernst bisher nicht ins Gewicht gefallen.
Wie kompliziert eine Begnadigung werden könnte, machte auch deutlich, dass Trainer Pal Dardai bei der turnusmäßigen Pressekonferenz vor dem Spiel am Samstag (20.30 Uhr/Sky/Sport1) gegen den FC St. Pauli keine Fragen zur Causa beantwortete. Jetzt soll sich der große Wirbel erstmal legen und die gerade herrschende sportliche Aufbruchstimmung nicht gefährdet werden.
Durch die Entschuldigung und das damit mögliche schnelle Urteil wurden die Ereignisse in jener Nacht zum 16. Juli in dem österreichischen Alpen-Ort vor Gericht nicht im Detail thematisiert. Als unstrittig gilt, dass Gersbeck nach Provokation das Opfer mit Schlägen und Tritten schwer verletzt hat. Frakturen im Gesicht waren die Folge. Vor Gericht reichte Gersbeck dem Österreicher die Hand. «Ich hoffe, dass du keine Folgeschäden hast», sagte er dabei. Dem Vernehmen nach hatte sich Gersbeck zuvor bereits mit dem Opfer auf die Zahlung einer Entschädigung geeinigt, um einen möglichen Zivilprozess zu vermeiden. Das wurde auch von Herrich nochmals angedeutet, ohne das Summen bekannt wären.