Nach Silvester-Krawallen Verfahren bei Staatsanwaltschaft

Nach den Silvester-Krawallen gibt es in Berlin täglich etliche Vorschläge und Forderungen, was nun zu tun ist. Klar ist: In rund fünf Wochen wird erneut das Abgeordnetenhaus gewählt und das Thema taugt für den Wahlkampf. Und: Alle Seiten drücken aufs Tempo.
Ein Schild mit der Aufschrift «Polizei» hängt an einem Polizeipräsidium. © Roland Weihrauch/dpa/Symbolbild

Nach den Silvester-Krawallen mit massiven Angriffen auf Einsatzkräfte versprechen Politik und Polizei rasche Aufklärung und Konsequenzen. Polizeipräsidentin Barbara Slowik berichtete am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses von ersten Ermittlungsergebnissen. Danach sind 22 Verfahren mit etwa 10 Verdächtigen an die Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will auch die Feuerwehr mit Dashcams ausrüsten. Zudem setzt sich die neue Vorsitzende der Innenministerkonferenz für eine Verschärfung des Waffenrechts und ein Böllerverbot ein, in Berlin will sie die Bezirke für zentrale, organisierte Feuerwerke gewinnen.

Kritik an der Einsatzplanung wies die Polizeipräsidentin zurück. Die Ausschreitungen seien «so weder erwartbar noch prognostizierbar» gewesen, sagte Slowik. Knapp 3000 Einsatzkräfte hätten einschließlich Bundespolizei insgesamt zur Verfügung gestanden. Die Polizisten seien je nach Lage umgruppiert worden. Es habe stadtweit Ausschreitungen gegeben. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Tom Schreiber, widersprach. «Es lief nicht alles optimal», sagte er. Die Frage sei, ob die Lage vorab falsch eingeschätzt worden sei.

Deutlich wurde, auch durch Schilderungen von Landesbranddirektor Karsten Homrighausen, dass es nicht nur an Brennpunkten wie Neukölln und Kreuzberg zu Angriffen auf die Einsatzkräfte kam. So habe es in Charlottenburg drei Vorfälle gegeben, in Lichtenrade seien Einsatzkräfte mit Eisenstangen bedroht worden. Der Feuerwehrchef sprach sich für ein Böllerverbot aus: Es sei an der Zeit, die Böller-Tradition zu überwinden, sagte er.

Nach Angaben von Homrighausen sind bei der Feuerwehr bislang 69 Angriffe auf Einsatzkräfte registriert worden. 53 Fälle davon seien bislang zur Anzeige gebracht worden. Nach derzeitigem Stand sei an 11 Fahrzeugen ein Schaden von insgesamt 26.000 bis 30.000 Euro registriert worden. «Ich gehe davon aus, die Summe wird weiter steigen», so der Feuerwehrchef. Bei der Polizei gab es nach Angaben von Slowik 47 Verletzte, davon seien 14 ambulant behandelt worden und 5 vom Dienst abgetreten.

Bei der Aufklärung der Geschehnisse konzentriert sich die Polizei laut Slowik vor allem auf die Auswertung des umfangreichen Videomaterials. Nach derzeitigem Stand gebe es 49 Verfahren zu Angriffen auf Polizisten mit 37 Beschuldigten und 53 Verfahren, bei denen Feuerwehrleute angegriffen worden seien.

Bislang gab es von der Polizei unterschiedliche Angaben zur Zahl der Verfahren und Beschuldigten. Dies hängt nach Angaben eines Polizeisprechers mit unterschiedlichen Zeiträumen und Tatvorwürfen zusammen. So bezogen sich erste Zahlen mit 145 festgenommenen Verdächtigen auf sämtliche Geschehnisse im Zusammenhang mit Silvester. Jetzt filtert die eingesetzte Zentralstelle bei der Polizei gezielt die Fälle raus, bei denen es tatsächlich um Angriffe auf Einsatzkräfte oder -fahrzeuge ging. Nach Angaben des Sprechers sollen bis Ende der Woche die aufgeschlüsselten Daten vorliegen.

Die CDU-Fraktion erntete erneut Kritik für ihren Fragenkatalog, in dem sie auch nach Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit gefragt hatte. Statt sachlicher Aufklärung gehe es ihr um Wahlkampf, warfen die rot-grün-roten Regierungsfraktionen der CDU erneut vor.

Innensenatorin Spranger warnte davor, bei der Aufarbeitung einen Migrationshintergrund der Straftäter in den Vordergrund zu stellen. «Klar müssen wir uns die Täterstrukturen ansehen, aber bei der Kommunikation müssen wir höllisch aufpassen», sagte sie. Der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader betonte, auch Einsatzkräfte und Opfer der Ausschreitungen - insbesondere in Neukölln - hätten selbst einen Migrationsgeschichte.

Während am Dienstag im Senat und am Mittwoch beim sogenannten Gipfel gegen Jugendgewalt weitere Konsequenzen beraten werden sollen, rückt die Justiz immer mehr in den Fokus. Einhellig wird eine schnelle und konsequente Bestrafung gefordert. Im Gespräch ist etwa eine eigene Schwerpunktabteilung bei der Staatsanwaltschaft. Damit soll sich an diesem Mittwoch auch der Rechtsausschuss befassen.

Berlins Leitender Oberstaatsanwalt Jörg Raupach betonte unterdessen in einem Interview, die Verfahren würden prioritär bearbeitet. Zugleich warnte er vor zu hohen Erwartungen: «Das ist eine akribische Arbeit, und die wird nicht in ein oder zwei Wochen erledigt sein. Wir reden eher von Monaten», sagte Raupach der «Berliner Zeitung».

© dpa
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